Forum Bioethik Genua: Der G8-Gipfel

Gipfelstürmer: Die blutigen Tage von Genua
ARD- Dokumentation am 24.Juli 2002

Erschütterndes Dokument systematischer Polizeigewalt

Viele werden die umfassbaren Bilder noch in Erinnerung haben: Beim G-8 Gipfel in Genua im Juli vorigen Jahres prügelten Polizisten wahllos auf Demonstranten, Journalisten und sogar Ärzte ein. Menschen, die schon regungslos auf dem Boden lagen, wurden mit Schlagstöcken und Tritten traktiert, während wenige hundert Meter weiter eine Bande von schwarz Vermummten ungestört Banken, Geschäfte und Autos anzünden konnte.
Die Dokumentation von Michael Busse und Maria-Rosa Bobbi ruft diese Szenen in Erinnerung, aber sie tut viel mehr, denn es gelingt ihr, die Hintergründe des damals völlig unverständlich erscheinenden Verhaltens der italienischen Polizei schlüssig aufzuklären. Bilder, die eindeutig zeigen, wie sich Polizisten und Vermummte absprechen, ja, wie ein Vermummter eine Brigade der Polizei erfolgreich zum Rückzug auffordert, beweisen, was Journalisten, italienische Oppositionspolitiker und selbst einzelne Polizeibeamte behaupten: dass der so genannte schwarze Block mit Polizeiprovokateuren durchsetzt war und nur deswegen eine solche Schneise der Zerstörung durch Genua ziehen konnte. Die Befehlsgewalt über die rund 20 000 Ordnungshüter in Genua hatten Beamte des Innenministeriums übernommen, die auch zuließen, dass ein Sozialzentrum, in dem Mitglieder des schwarzen Blocks über drei Tage vollkommen verwüstet wurde.
Was die damals sich erst seit sechs Wochen im Amt befindende Mitte-Rechts- Regierung aus Berlusconis Forza Italia, der neofaschistischen Alleanza
Nazionale und der separatistischen Lega Nord mit diesem zynischen Vorgehen erreichen wollte, scheint mittlerweile klar: die Diskreditierung und völlige Verunsicherung Zehntausender friedlicher Demonstranten und die Übermittlung der Botschaft, dass man in Italien nur unter Gefahr für Leib und Leben demonstrieren kann. Um dies auch den Begriffsstutzigsten klar zu machen, überfielen rund 100 Polizisten in der Nacht nach Ende des Gipfels eine Schule, in der Demonstranten schliefen, und verprügelten Dutzende von Menschen, die teilweise noch in ihren Schlafsäcken lagen. Man lasse sich in diesem Zusammenhang Berlusconis Schlusswort einer Parlamentsdebatte auf der Zunge zergehen, das auch den aufwühlenden Film beendet: „Das Positivste des Gipfels von Genua ist, dass die ganze Welt und vor allem die Jugend mit größerem Vertrauen als in der Vergangenheit in eine Zukunft der Ruhe, Prosperität und des Friedens sehen kann.“

aus: TV-Magazin
 

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