Forum Bioethik

VI. Patentierung
 
 

Die Frage der Patente ist eine sehr schwierige Frage. Nicht zuletzt ist dies deutlich geworden im Prozeß der südafrikanischen Regierung gegen verschiedene Firmen wegen günstigere Medikamente gegen Aids, der jetzt - auf Grund des öffentlichen Druckes - von der südafrikanischen Regierung (im April 2001) gewonnen wurde.
Besonderes Augenmerk erhielt die Aktion bzw. Intervention von Greenpeace bezüglich der Patentierbarkeit menschlicher Gene im Februar 1999. Hier kam zum Ausdruck, wie unklar manche Bereiche geregelt sind bzw. wie unklar teilweise die Arbeit des Europäischen Patentamtes in München bei der Erteilung von Patenten ist.
Nähere Informationen gibt es dazu auf der Homepage von Greenpeace (www.greenpeace.de) oder beim Gen-ethischen Netzwerk (www.gen-ethisches-netzwerk.de)

Im weiteren einige Hinweise und Fakten zum Europäischen Patentamt (EPA) und der Arbeitsweise, die einem Informationsblatt von Greenpeace entnommen sind:

„1973 unterzeichneten 13 Staaten in München das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente. Die Idee: ein einheitliches Patentsystem aufzubauen, um den Patentschutz in Europa einfacher und billiger zu machen,
Vier Jahre später wurde das Europäische Patentamt (EPA) in München gegründet. Als ausführendes Organ der Europäischen Patentorganisation ist es die Aufgabe des EPA, europaweit gültige Patente zu erteilen.
Mittlerweile sind 19 Staaten Mitglied der Europäischen Patentorganisation, neben den Staaten der Europäischen Union auch die Schweiz, Liechtenstein, Monaco und Zypern. Der Beitritt von acht mittel- und osteuropäischen Staaten ist für 2002 geplant. Das EPA untersteht nicht der Europäischen Union (EU).
Die Instanzen:
Der Präsident: Der Präsident steht den fünf Generaldirektoren des EPA vor.
Er hat Weisungsrecht gegenüber der Einspruchs- und Prüfungsabteilung und initiiert Beschlüsse des Verwaltungsrates.
Der Verwaltungsrat: Der Verwaltungsrat der 19 Mitgliedstaaten übt politische Kontrolle über das EPA aus. Über diesen Verwaltungsrat sollte auch die grundsätzliche Ausrichtung der Rechtssprechung des Amtes kontrolliert werden.
Die Vertragsstaatenkonferenz: Nur diese Instanz ist berechtigt, Änderungen am Text des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) vorzunehmen. Da alle Parlamente der Mitgliedsländer die Änderungen bestätigen müssen, lassen sich Änderungen des EPÜ letztlich nur in Einstimmigkeit durchsetzen.

Erteilung von Patenten:
„Das Patent ist ein Rechtstitel, der dem Patentinhaber das ausschließliche Recht verleiht, die patentierte Erfindung auf einen bestimmten räumlichen Gebiet für eine befristete Zeit zu benutzen, indem er andere u.a. von der Herstellung, dem Verkauf oder dem Gebrauch dieser Erfindung ohne seine Zustimmung ausschließen kann“ (siehe auch Website des EPA).
Ein europäisches Patent entfaltet in den benannten Vertragsstaaten dieselbe rechtliche Wirkung, wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent. Der Patentschutz hat eine Laufzeit von 20 Jahren.
Pro Jahr werden ca. 40 000 Patente im EPA erteilt. 41% der Anmeldungen kommen aus den EPÜ- Staaten, 43% aus den USA, 8% aus Japan. (1998)
Inzwischen wurden am EPA in München über 15.000 Patentanmeldungen im Bereich Gentechnologie angemeldet. Davon sind einige besonders umstritten:
-  Über 2000 Patente sind am EPA auf menschliche Gene angemeldet, etwa 300 waren bereits 1998 erteilt.
-  Von etwa 600 Anmeldungen auf Tiere wurden bereits etwa ein Dutzend Patente bewilligt.
-  Auf Pflanzen beziehen sich über 1500 europäische Patentanmeldungen. Davon wurden über 100 erteilt.
Nach Recherchen von Greenpeace kommen derzeit jeden Monat etwa 40 weitere Anträge auf Pflanzen und Tiere hinzu.“

Greenpeace
Rechtsbruch im Europäischen Patentamt:
Seit dem 1.September 1999 erteilt das Europäische Patentamt(EPA) in München Patente auf Pflanzen und Tiere - entgegen der gültigen Rechtslage.

‘Europäische Patente werden nicht erteilt für Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren, diese Vorschrift ist auf mikrobiologische Verfahren und auf die mit Hilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse nicht anzuwenden’.
(Europäisches Patentübereinkommen, Artikel 53b)
 

Ohne Rücksicht auf Artikel 53b wurden bis 1995 Patente auf Pflanzen und Tiere erteilt. Aus dieser Zeit ist das 1992 erteilte Patent auf die Krebsmaus das bekannteste. In Folge eines Einspruches von Greenpeace gegen ein Pflanzen- Patent der Firma PGS entschied die Beschwerdekammer des EPA im März 1995:
- Patente, die Pflanzensorten umfassen, dürfen nicht erteilt werden.
- Ansprüche auf ganze Pflanzen und Tiere können nicht erteilt werden, weil  Wachstum und Fortpflanzung nicht als Ergebnis eines mikrobiologischen Verfahrens angesehen werden können.

Doch erst Anfang 1997 wurde die Patentierung von Pflanzen und Tieren eingestellt. Erteilt wurde u.a. 1996 ein Patent der Firma Monsanto EP546090 auf herbizidresistente Pflanzen, gegen das Greenpeace im März 1997 erneut Einspruch einlegte. Eine Entscheidung über den Einspruch wurde bis zum April 2000 verzögert.

Inzwischen hat der Verwaltungsrat des EPA im Juni 1999 einen entscheidenden Schritt getan: Er erklärte die neue EU-Richtlinie „Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen“ zur neuen Ausführungsordnung des Euroäischen Patentübereinkommens (EPÜ), obwohl EPÜ und Richtlinie nichts miteinander zu tun haben. Es wurde also eine künstliche Lösung geschaffen, um ab September 1999 wieder Patente auf Pflanzen und Tiere zu erteilen. Nach Ansicht des Amtes sind Pflanzensorten jetzt patentierbar, wenn sich der Antrag nicht nur auf eine einzelne Pflanzensorte bezieht. Dieses Vorgehen wird selbst von Mitarbeitern des Amtes als abwegig angesehen: Man könne nicht die Bigamie verbieten und gleichzeitig die Polygamie erlauben.

Tatsächlich ist der Verwaltungsrat des EPA gar nicht befugt, Ausführungsordnungen so weit auszulegen, daß sie dem EPÜ widersprechen. Hierzu ist eine Novellierung der EPÜs notwendig, die nur von der Vertragsstaatenkonferenz durchgeführt werden kann. Diese Ansicht teilt auch das Deutsche Justizministerium.

Auch die Große Beschwerdekammer des EPA beschließt am 20.12.1999 in Folge einer Verhandlung eines Patentantrages der Firma Novartis, daß Patente auch dann erteilt werden können, wenn sie Pflanzensorten umfassen. Die Besetzung der Kammer legt den Verdacht nahe, daß sie nicht unabhängig von den Interessen des Amtes entscheidet. Von den sieben Mitgliedern der Beschwerdekammer war lediglich eine Person nicht am EPA angestellt. Der Vorsitzende der Kammer, Herr Messerli, ist gleichzeitig Vizepräsident des EPA und erklärte schon 1993, daß er Patente auf Lebewesen befürworte.

Zum aktuellen Fall teilte das EPA Greenpeace bereits vor der Verhandlung im April 2000 mit, man sei der Auffassung, daß angesichts dieser neuen Bestimmungen keine Aussicht darauf bestehe, daß das Patent der Firma Monsanto widerrufen werde.“

Weitere Infos bei www.greenpeace.de bzw. auf der website des Europäischen Patentamtes.
 

home           zurück               oben