Forum Bioethik |
Vortrag am 22.Oktober 2001 in Frankfurt
auf der IPPNW-Veranstaltung für die
Bevölkerung
"Milzbrand als Terrorwaffe. Wie kann man sich
schützen? "
Von Prof.Dr.med.Ulrich Gottstein, ehem. Chefarzt der Med.Klinik
des
Bürgerhospitals und IPPNW-Ehrenvorstandsmitglied.
TERRORISMUSBEKÄMPFUNG
MIT KRIEG.
TERRORISMUSBEKÄMPFUNG
MIT KRIEG ?
Als am 11. September zwei Selbstmordflugzeuge die beiden
Bürotürme des World
Trade Centers in New York zum Einsturz brachten -und
wir das am Fernseher
miterlebten und immer wieder sahen - hat eine neue Zeit
des Terrorismus begonnen.
Zwar hatten schon seit Jahren Terroristen Bomben in Nordirland,
im Baskenland
Spaniens oder seit Monaten Selbstmörder Bomben in
Palästina und Israel zur
Explosion gebracht und zahlreiche unschuldige Menschen
getötet, aber das Ereignis
des 11. September war in seinen Ausmaßen noch nie
erlebt: Die zum Äußersten
Entschlossenen töteten sich selbst, mordeten die
Flugzeuginsassen und dann etwa
5.000 Menschen unterschiedlicher Nationalität und
Religion. Während man ansonsten
bei Mördern und Selbstmördern zumeist nicht
nur die Identität und damit auch die
Motivation früher oder später herausbekommen
kann, scheint dies im Fall des
11. September äußerst schwierig.
Warum sollte Amerika in seinem Stolz als unbezwingbare
reiche Nation gedemütigt,
bestraft und geschädigt werden? Warum ist offenbar
ein riesiger Hass in Nationen
mit moslemischer Religion gegen die USA entstanden? Rächt
sich etwa, dass die
Außenpolitik der US- Regierungen seit 1945 stets
danach ausgerichtet war, nur das
zu tun oder zu unterlassen, was dem eigenen Land,
der eigenen Wirtschaft und dem
Welteinfluss nützte, wobei auch nicht vor enger
Zusammenarbeit mit diktatorischen
und korrupten Regierungen gescheut wurde? War es gefährlich,
wenn die
US-Regierungen bei Entscheidungen über Eingriffe
in anderen Ländern stets
verlauten ließen, dass man dies oder jenes zu tun
verpflichtet sei, weil dadurch
die "Interessen der USA berührt" würden, ohne
eine exakte Definition von
"Interessen" zu geben?
Rächt es sich, dass die USA - Administrationen seit
11 Jahren die strengsten
Sanktionen gegen das Volk von Irak durchsetzen, die es
jemals in der Geschichte
gegeben hat, um Saddam Hussein zu stürzen, der bis
1990 ein geförderter Freund
der USA gewesen war? Rächt es sich, dass die US-Außenministerin
Madeleine
Albright im März 1997 ohne Skrupel im Rundfunkinterview
sagte, dass es zwar eine
schwere Entscheidung sei, monatlich 5.000 Kleinkinder
im Irak infolge der
Sanktionen sterben zu lassen, aber "dass wir meinen,
es sei es wert"?
Als ich zu Weihnachten 1997 über den US-Botschafter
in
Bonn an Präsident Clinton appellierte, er möge
die nicht-militärischen Sanktionen
aufheben, denn nun seien schon etwa eine halbe
Million Kleinkinder als Folge der
Sanktionen gestorben, und ich mich auf die Analysen des
UN-Kinderhilfswerks
UNICEF und der Weltgesundheitsorganisation WHO in New
York bezog und außerdem den
Appell der US-amerikanischen Katholischen Bischofskonferenz
zitierte,
erhielt ich keine Antwort. Ich schrieb u.a.
" wie können Sie sich mit der Bibel
in der Hand auf dem Weg zum
Weihnachtsgottesdienst filmen lassen, wo Sie im Gedenken
an das Kind in der
Krippe beten wollen, während Sie gleichzeitig kein
Wort darüber verlieren, dass
jeden Monat mehr als tausend Babys in den "Krippen" Iraks
sterben!"
Solche Gedanken eines Christenmenschen, von mir und den
Kirchen der ganzen Welt,
rührten und rühren die US-Präsidenten
Bush, Clinton und nun GeorgeW.Bush nicht.
Das aber sehen in aller Welt die Völker an den Fernsehschirmen,
besonders
Arabiens und Afrikas.
Während ich meine Rede schrieb, hörte ich im
Radio, dass die ersten 100 US-Soldaten
in Afganistan bei Kandahar gelandet seien und dabei 2
Soldaten gefallen seien,
mit dem Hubschrauber abgestürzt oder abgeschossen.
Natürlich denkt man sofort an die Angehörigen und versteht, dass
Präsident George W.Bush mit bewegter Stimme sagt,
dass sein Mitgefühl bei den Angehörigen sei.
Aber wo bleiben die bewegten Worte der Anteilnahme über den
Tod von bereits über 100 afghanischen Männern, Frauen und Kindern,
die durch Bomben und Raketen umgekommen sind?
Wo bleibt das Mitleid mit den Hunderttausenden von Flüchtlingen,
die vor den Bomben und dem Krieg fliehen und in primitivsten Verhältnissen
vor den gesperrten Grenzen Irans und Pakistans, oder hinter den Grenzen
in Flüchtlingslagern liegen?
Wieder eine durch Krieg verursachte "humanitäre
Katastrophe".
Meine Damen und Herren, die Welt hat erst gerade den letzten
Teil des Jugoslawienkriegs hinter sich. Das Milosevic Regime hatte die
Bevölkerung Kosovos in jeder Beziehung benachteiligt und unterdrückt,
ohne dass der Westen politisch und wirtschaftlich zum Nutzen der Kosovaren
eingriff.
Frustriert gründete sich daraufhin die UCK, welche
Angriffe auf die serbische Polizei tätigte. Die UCK wurde vom Westen
zunächst als "terroristisch" eingestuft, dann , nachdem sie
erstaunliche Erfolge im angezettelten Bürgerkrieg
erzielt hatte, als "patriotisch".
Der Bürgerkrieg eskalierte, die Chance zum Sturz
des letzten kommunistischen Staates
in Europa wuchs, die NATO unter Führung der USA
beschlossen , gegen das Völkerrecht und ohne Zustimmung der Vereinten
Nationen, Serbien massiv zu bombardieren.
Das jugoslawische Militär und die Milizen rächten
sich und vertrieben die kosovarische Bevölkerung. Die "humanitäre
Katastrophe" setzte ein, und nun sollte durch Intensivierung des Bombardements
Einhalt geboten werden.
Der gewünschte Erfolg trat ein: die Serben zogen
sich zurück, die Kosovaren kehrten zurück und vertrieben nun
die einheimische serbische Bevölkerung. Schließlich wurde auch
das Milosevic Regime demokratisch gestürzt,
und die USA und die NATO hatten die Befriedigung, mal
wieder mit Krieg ihre
Ziele erreicht zu haben. Milosevic, der zuvor ein nicht
ungern gesehener Gast in den USA gewesen war und zusammen mit den westlichen
Führern am Verhandlungstisch in Dayton gesessen hatte, wird nun als
Kriegsverbrecher, der er auch ist, abgeurteilt werden.
Aber jahrelang hatte die westliche Politik sich nicht
bemüht, die Konflikte innerhalb Jugoslawiens durch eine kluge Außen-
und Wirtschaftspolitik z um Besseren zu beeinflussen. Serbien ist nun ein
armes Land mit massiv zerbombten Brücken, Fabriken und Häusern.
Es herrscht Waffenstillstand in den früheren jugoslawischen
Ländern, aber kein Frieden.
Und nun wieder Afghanistan: Dieselben Mujaheddin, die
schließlich erfolgreich
gegen die sowjetische Armee gekämpft hatten, von
den USA massiv militärisch und
finanziell unterstützt, sind nun die Gegner der
USA.
Ich werde das Fernsehbild nie vergessen, als der damalige
US-Vizepräsident George Bush zu den Afghanischen Kämpfern sprach"
Euer Kampf ist gerecht, ihr werdet siegen, denn Gott ist auf Eurer Seite".
Und als sie dann gesiegt hatten, und das Land in Trümmern lag, kümmerten
sich weder die USA noch die anderen westlichen Länder um die Innenpolitik
und das Wohl der Menschen in Afghanistan, und beließen es in "humanitärer
Katastrophe".
Ich möchte nun mit dem Erinnern an drei Kriege, Irak,
Jugoslawien, Afghanistan
aufhören und daran denken, welche Folgen der Krieg
in Afghanistan, der als Krieg
gegen Terror bezeichnet wird, bereits andernorts hat.
Denken Sie nur an
Tschetschenien:
Bis zum Beginn des Krieges gegen Afghanistan wurde das
rücksichtslose mörderische
und zerstörerische Vorgehen der russischen Armee
gegen das Volk Tschetscheniens,
das in Freiheit und Selbstbestimmung -wie von den UN
jedem Volk garantiert -
leben möchte, von den westlichen Regierungen gegeißelt.
Seit dem Beginn des Bombardements nach dem schrecklichen
11. September bekommt Präsident Putin Generalpardon und freie Hand,
den "tschetschenischen Terrorismus" ein für alle Mal zu vernichten.
Plötzlich gibt es dort nach US-Definition keine Freiheitskämpfer
mehr, sondern nur noch Terroristen. Jetzt sind diese an der Ruinenstadt
Grosny , welche von den russischen Bombern zerstört worden ist, selber
schuld.
Jetzt wird nicht mehr gesagt, dass man in Tschetschenien
die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung und die Seele des Volkes
zerstört, nun heißt es nur noch
"Kampf dem Terrorismus".
Während vor dem 11. September die westlichen Regierungen
die Brutalität sowohl
der palästinensischen Kämpfer als
auch der israelischen Armee kritisierten,
kann nun die israelische Armee unkritisiert das Westjordanland
und nahezu alle autonome Regionen mit großen Panzerverbänden
besetzen .
Zuvor hatte die israelische Regierung gezielt verschiedene
Palästinenserführer durch
Scharfschützen , Explosivkörper oder Bomben
"liquidiert", wie es genannt wurde,
und als nun eine israelische Führungspersönlichkeit
"liquidiert" wurde, nach der
alttestamentlichen Regel "Auge um Auge, Zahn um
Zahn", wurde der Kriegszustand
hergestellt, ohne Verurteilung durch die westliche Welt.
Jetzt ist jeder glaubhafte Einspruch seitens der USA nicht mehr möglich.
Präsident Sharon hat schon verkündigt, Israel tue mit Palästina
nichts anderes, als die USA mit Afghanistan.
Meine Damen und Herren, niemand bestreitet heute noch,
weder die USA noch unsere
rot-grüne Regierung, dass ein richtiger Krieg in
Afghanistan geführt wird,
nicht eine Polizeiaktion zur Ergreifung der gemeinen
Verbrecher.
Es wird mit modernsten Waffensystemen gekämpft,
ausgehend von einer Armada von Kriegsschiffen und Hunderten von Kriegsflugzeugen
der verschiedensten Art, einer Armee von Soldaten auf den Schiffen sowie
im benachbarten Usbekistan . Die teuersten Raketen mit einem Stückpreis
von 1-2 Millionen Dollar, also 2 bis 4 Millionen DM, - wie viel
Gutes könnte für die arme Bevölkerung
mit dem vielen Geld getan werden - daneben
ordinäre Bomben und von den Genfer Konventionen
verbotene Splitterbomben
werden eingesetzt. Dies alles ist keine Aktion gegen
eine Terroristengruppe, sondern ein
Krieg, von dem Präsident George W.Bush schon mehrfach
sagte,"we will win".
Aber was werden wir gewinnen, die USA und unsere bundesdeutsche
militärische
Solidarität, das bleibt die große Frage?
Dass Terrorismus in dieser schrecklichen Form des
11. September erfolgreich
besiegt werde, ist zwar unser aller Hoffung, glauben
können wir das leider nicht.
Viel größer ist die Hoffnung in unserem Volk
und weltweit, dass mit den neuen
Sicherheitsmassnahmen weitere brutale Flugzeugentführungen
und Terrorangriffe
verhindert werden, und dass nicht unsere Befürchtung
wahr werde, dieser
"Krieg der Überheblichkeit", wie in arabischen Ländern
bezeichnet, werde zu weiteren
schrecklichen Selbstmordattentaten geradezu provozieren.
Als ich vor wenigen Wochen wieder aus humanitären
Gründen im Irak war - nun schon
zum achten Mal in den letzten 10 Jahren- erfuhr ich in
vielen privaten Gesprächen,
wie abgrundtief der Zorn gegen die Politik der USA ist.
Meine Gesprächspartner waren keine Anhänger oder Privilegierte
des irakischen Regimes, sondern weitgehend unreligiöse
Chef-und andere Klinikärzte, fließend Englisch
sprechend, z.T. mit englischen oder deutschen Facharztdiplomen.
Einer sagte mir in seinem großen Pessimismus, er
würde sich am liebsten eine kleine Atombombe an den Leib schnallen
lassen und sich über dem White House in den USA abwerfen lassen.
Natürlich war das in jener Zeit vor dem 11. September eine naive,
völlig unrealistische Aussage, von einem Großvater, der
verzweifelt war über das Schicksal seiner Kinder und Enkel, die wegen
der Schuld des Diktators Saddam Hussein mit unbarmherzigen Sanktionen
bestraft werden, ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Immer wieder die Frage " was können wir und unsere
Familien dafür, dass 1990 die irakische Armee in Kuweit einmarschierte"?
Und dann die Analyse: "den USA ist es völlig egal,
dass wir aus unserem früheren
Wohlstand zu einem Land im Elend geworden sind, dass
bereits 1,5 Millionen Bürger
als Folge der Sanktionen gestorben sind, darunter knapp
600.000 Kleinkinder.
In Wirklichkeit geht es den USA nur um politischen Einfluss
in der Golfregion,
nämlich um das Öl."
Es ist also ein Hass auch in der gebildeten Bevölkerung
entstanden, die
applaudieren würde, wenn in der Tat eine Atombombe
auf das Weiße Haus in
Washington geworfen würde, und nicht nur die Menschen
Iraks, sondern weltweit in
den Entwicklungsländern würden eine klammheimliche
Freude verspüren. Das ist doch
eine schreckliche, furchterregende Vision!
Man weiß in den arabischen Ländern, dass die
USA und die NATO-Regierungen sich
einerseits gegen Atomwaffen und Biologische und Chemische
Waffe aussprechen,
somit natürlich auch gegen Milzbrand , aber
gleichzeitig diese Waffen besitzen und
sogar weiter herstellen. Wir empfinden es als tragisch,
dass unsere engen Freunde
und Verbündeten, also die USA, zwar die UN-Konventionen
gegen Biologische Waffen
unterschrieben, aber nicht das Überprüfungsprotokoll.
Auch kürzlich haben sich
die USA erneut gegen UN-Überprüfungen
ausgesprochen, mit der fadenscheinigen
Argumentation, dass die USA sonst wirtschaftlichen Schaden
nehmen würde, wenn
ihre Labors kontrolliert werden könnten.
Man muss weiterhin wissen, dass die USA und mehrere NATO-Staaten,
so auch
Deutschland, der sogen. Nuklearklausel in den "Genfer
Konventionen zum Schutz der
Bevölkerung im Kriegsfall" zugestimmt haben, der
zufolge Atomwaffen nicht als
Massenvernichtungswaffen zu gelten hätten, die im
Kriegsfall nicht eingesetzt
werden dürften. Als der Weltgerichtshof in
Den Haag vor wenigen Jahren, auf
Antrag der IPPNW und WHO darüber zu urteilen hatte,
ob mit Atomwaffen gedroht
oder sie im Kriegsfall eingesetzt werden dürften,
haben die Vertreter der USA
massiv dagegen opponiert.
Ist es da eine Utopie, wenn unsere internationale Ärztebewegung
"Ärzte zur Verhütung
von Atomkrieg-IPPNW" warnt , dass es bei Fortsetzung
der Politik und der NATO-Doktrin noch in unserer Generation oder
der unserer Kinder zum Einsatz von Atomwaffen kommen wird?
Atomwaffen können in einer Aktentasche zum Ort des gewünschten
Einsatzes gebracht werden, es gibt Hunderte solcher "mini-nukes" in den
Atomwaffenländern, zu denen ja nicht nur die Großmächte,
sondern auch Israel, Indien, Pakistan, also kriegsgeschüttelte Nationen
gehören.
Wir leicht könnte eine solche "mini-nuke" auf den
"Feind" oder auf "feindliche
Atomkraftwerke" geworfen werden! Es ist höchste
Zeit , dass die Produktion,
Testung sowie Drohung des Einsatzes von Atomwaffen verboten
werden, somit auch
die NATO-Doktrin der "nuclear deterrence" abgeschafft
wird!
Es ist ja bekannt, dass viele Regierungen es als demütigend
empfinden, dass die
Atomwaffenmächte argumentieren, sie bräuchten
Atomwaffen nur zur Abschreckung,
während die Nicht-Atomwaffenmächte keine Waffen
zur Abschreckung haben müssten.
Daraus ist längst der Ruf nach einer "arabischen
bzw. muslimischen Atombombe"
geworden, zuerst im Iran vor Jahren geäußert,
und es ist ja auch bezeichnend,
dass die arabisch-muslimische Welt es Saddam Hussein
nicht verübelte, dass er
eine irakische Atombombe hatten bauen wollen.
Meine Damen und Herren, seien wir ehrlich: wir trauern
nicht nur zutiefst mit dem
amerikanischen Volk um die 5.000 Toten und um die Zerstörung
des wunderbaren
World Trade Centers ( das auch ich bewundert hatte),
sondern wir haben die begründete Furcht, dass uns in Deutschland und
uns in Frankfurt das gleiche passieren könnte:
Haben wir nicht die fabelhaften Hochhäuser aus der
Banken- und Wirtschaftswelt,
sind wir nicht die zweitengsten Verbündeten
der USA und bereit, "in voller Solidarität"
in den Krieg mit einzusteigen?
Nun werden unsere Kritiker sogleich aufschreien und sagen,
ha, da sieht man wieder
diese Feigheit der Kriegsgegner aus der Friedensbewegung,
die lieber Terroristen
schonen möchten, als sich selbst Gefahren
und den Konsequenzen der versprochenen
Solidarität auszusetzen!
Aber wieder lautet unsere Antwort: davon kann überhaupt
keine Rede sein,
sondern derjenige ist töricht, der beim Schachspiel
nicht die möglichen Züge des Gegners bedenkt,
und töricht sind diejenigen Politiker, die glauben,
mit mächtigen militärischen Aktionen und strammen Reden einen
weltweiten Hass besiegen zu können.
Terror kann man nicht mit Krieg ausschalten. Krieg bringt
immer wieder neuen Hass und Krieg in verschiedenen Formen. Das haben wir
an den 250 Kriegen seit 1945 beobachten müssen. Der Ruf nach "Auge
um Auge, Zahn um Z ahn" im Alten Testament wurde von Mahatma Gandhi in
seiner Zeit der großen Konflikte, aber auch für unsere
Zeit gültig,
so kommentiert: "Auge um Auge macht blind". Ja, ich befürchte
-und viele Menschen
in Deutschland und auch in den USA fürchten
das gleiche:
Unsere Politiker werden zunehmend auf beiden Augen
blind, nur ihre auf bestimmte
Quellen ausgerichteten Ohren funktionieren bestens. Wenn
ihnen gesagt wird "ihr müsst jetzt Solidarität auch im Militärischen
beweisen, denn wer nicht auf unserer Seite ist , der ist auf
der Seite des Terrors" dann gehorchen sie sofort.
Wir leben in einer Zeit, in der nicht Zivilcourage und
ein präventives Engagement
für Friedenserhaltung und für das Wohl der
Menschheit groß geschrieben sind,
sondern in einer Zeit, in der egoistisch nur an das eigene
Wohl gedacht wird,
in der Hunderte von Milliarden Dollar jährlich
für die Waffenentwicklung und
den Kauf neuer Waffen ausgegeben werden, in einer Zeit,
in der man gefühllos mit
ansieht, wie jedes Jahr 20-35 Kriege in Afrika, Asien
und Latein Amerika
stattfinden, in einer Zeit, in der fast eine Million
Menschen in Ruanda umkamen,
was mit Blauhelmen der Vereinten Nationen zu verhindern
gewesen wäre,
oder im Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea mit
etwa 200.000 Toten, in einer Zeit,
in der alle diese Kriege ein Mordsgeschäft für
die Waffenindustrien ist,
in einer Zeit , in der man nicht bereit ist, für
die Verhütung von Armut, Elend,
Hoffnungslosigkeit, und für die Gewährleistung
von sauberem Trinkwasser,
ausreichend Nahrung, Gesundheit, Bekämpfung von
AIDS, Familienplanung, Erhaltung
der Umwelt, und somit zur Verhütung von Neid und
Hass und Bereitschaft zu Mord
und Attentaten aktiv zu sein.
Nur ein Bruchteil der Milliarden Dollar, die jetzt schon
der Krieg gegen Afghanistan gekostet hat und weiter kosten
wird, hätte das ganze Land nach dem Abzug der sowjetischen Armee mit
Krankenhäusern, Schulen, Universitäten, Landwirtschaft
und Industrie ausstatten können, und es wäre für die arme
afghanische Bevölkerung nicht nötig geworden, mit dem Anbau von
Mohn zur Heroinherstellung das Geld zum Leben zu verdienen.
Entsprechendes gilt für das leidende Land Tschetschenien.
Ein Volk im Wohlstand beginnt keinen Krieg und keinen Terror gegen andere.
Und Deutschland? Bereits über 3 Milliarden DM sind
bewilligt, um die Bundeswehr
voll kriegstauglich zu machen. Die große Mehrheit
in Deutschland kann über die
Politik unserer Verbündeten und unserer Regierungen
nur resignieren oder verzweifeln,
aber das dürfen wir nicht zulassen. Wir haben die
Pflicht, unser Volk und unsere Politiker zu warnen und mit demokratischen
Mitteln zu zwingen, endlich zur Vernunft zu kommen. Gewalt gegen verbrecherische
Terroristen ist natürlich notwendig, aber gezielt und ohne Krieg
gegen ein ganzes Land. Gestern verteidigte Bundesfinanzminister Eichel
den massiven Militäreinsatz in Afghanistan mit folgendem Vergleich:
"wenn in Ihrem Nachbarhaus ein Verbrecher wohnt und Anschläge
in der Gegend betreibt, soll der Verbrecher dann nicht mit Polizeigewalt
herausgeholt werden?" Die richtige Antwort hätte gelautet:"
Doch, aber ohne Zerstörung der umliegenden Häuser und ohne Tötung
der Nachbarbevölkerung". Leider hat diese Antwort niemand im
"Sabine Christiansen- Gesprächskreis" gegeben.
Wohlstand darf nicht nur bei uns oberste Richtschnur der
Politik sein, sondern es muss gelernt werden, dass wir auf Dauer keinen
Wohlstand behalten, wenn zwei Drittel der Erdbevölkerung in Armut
und Elend lebt, wenn täglich Tausende Kinder an Hunger und fehlender
ärztlicher Versorgung sterben! Wohlstand teilen heißt
Frieden teilen, Frieden ermöglichen.
Krieg gegen Terror heißt neuen Krieg und Terror
provozieren.
Alle Menschen guten Willens und besonders diejenigen,
die sich in ihrer Religion auf das Friedensgebot Jesu Christi berufen,
und alle Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens sind gefordert,
sich für eine Welt "neuen Denkens" einzusetzen.
Wir stehen am Abgrund und könnten doch mit Frieden
auf einer wunderschönen Erde leben.
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