Nachrichten vom 25.01.2002
von hubert.hueppe@bundestag.de
(Potsdamer Neueste Nachrichten 25.01.2002)
Rainer Woratschka:
In der Union wächst der Widerstand gegen den Stammzell-Import
Das Ergebnis der Probeabstimmung überraschte Gegner wie Befürworter.
Mit breiter Mehrheit, so gab Friedrich Merz danach nicht gerade
unerfreut zu Protokoll, fordert die Unionsfraktion, die Einfuhr
embryonaler Stammzellen strikt zu verbieten. Deutlich mehr als die
Hälfte der anwesenden Abgeordneten votierten am Dienstagabend
für einen
entsprechenden Antrag der Unionspolitiker Hermann Kues und Jochen
Borchert. In CDU-Kreisen wertet man dies als "ganz deutliches Signal".
Und für den kirchenpolitischen Sprecher Kues ist die Sache bereits
klar:
Bei der Parlamentsentscheidung am 30. Januar wird es eine entsprechende,
fraktionsübergreifende Mehrheit geben.
Fraktionschef Merz, ebenfalls erklärter Importgegner, bezweifelt
dies.
Zwar gebe es im Parlament offensichtlich mehr Widerstand als angenommen.
Die Antragslage sei aber noch "ziemlich unübersichtlich". Die
Unterlegenen in der Union relativieren das Ergebnis dieses "ersten
Meinungsbildes" ohnehin. Von 245 Fraktionsmitgliedern seien gerade
mal
140 anwesend gewesen, heißt es.
Die Unionsfraktion jedenfalls will, laut Merz, keinen Druck ausüben
-
und es auch bei ihren drei Positionen belassen: der Forderung von
Kues/Borchert mit dem strikten Nein, dem Papier von Maria Böhmer
und
Horst Seehofer für ein Verbot "mit Erlaubnisvorbehalt" sowie dem
Antrag
der Import-Befürworter um Peter Hintze und Katherina Reiche. Letzterer
kam bei der Probeabstimmung nur auf 20 bis 30 Befürworter. Dass
der
ursprünglich favorisierte Böhmer-Seehofersche Kompromiss
ähnlich
durchfiel, führen Beobachter auch auf die Argumentation der
Import-Befürworter zurück. Wer Ausnahmen akzeptiere, so deren
Tenor,
akzeptiere auch die Tötung von Embryos. Dies, so glaubt der
Lebensschützer Hubert Hüppe, habe "die Polarisierung verstärkt".
In der SPD sind die Positionen noch unklar - und werden es bis 30.
Januar wohl auch bleiben. Eine Probeabstimmung sei nicht geplant, sagt
der parlamentarische Geschäftsführer Wilhelm Schmidt. An
diesem
Donnerstag wollen sich die Geschäftsführer der Fraktionen
aber mit den
Antragsinitiatoren über das Abstimmungsverfahren beraten.
Mag sein, dass aus den derzeit sechs Papieren bis zum
Parlamentsentscheid drei geworden sind. Am Mittwoch bereits schafften
es
die Import-Gegner der Union, sich mit Gleichgesinnten aus SPD und Grünen
auf einen fraktionsübergreifenden Antrag zu einigen. Als
Mitunterzeichner gewannen sie bei der SPD etwa Wolfgang Wodarg und
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, bei den Grünen Monika
Knoche und
Christa Nickels. Die FDP umgarnt derweil die Import-Befürworter
der
Union. Die Zielrichtung des Hintze/Reiche-Antrags, so sagt die
FDP-Abgeordnete Ulrike Flach, sei ja mit dem der Liberalen "fast
identisch". Die Befürworter eines streng kontrollierten Imports
schließlich versuchen, sich am heutigen Donnerstag fraktionsübergreifend
zusammenzuraufen.
home
back
side |