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Berliner Zeitung Samstag, 30. März 2002
Unmut über biopolitische Verhandlungen der Regierung
Bundestags-Fraktionen wollen, dass sich Deutschland für ein weltweites
Verbot des therapeutischen Klonens einsetzt
Jörg Michel
BERLIN, 29. März. Einen Monat nach dem Auftakt der UN-Gespräche
über ein
weltweites Klon-Verbot wächst im Bundestag der Ärger über
die zögerliche
Verhandlungsführung der Bundesregierung. Vertreter von CDU/CSU,
SPD,
Grünen und PDS fordern von den für die Verhandlungen zuständigen
Ministern Joschka Fischer (Grüne) und Edelgard Bulmahn (SPD),
ihren
Widerstand gegen eine umfassende internationale Klonkonvention
aufzugeben. Bisher unterstützt die Regierung bei den UN-Verhandlungen
in
New York nur ein Verbot des reproduktiven Klonens. Ein klares Nein
zum
therapeutischen Klonen lehnt sie ab. Die USA und viele EU-Staaten wollen
die Ächtung beider Verfahren. Eine Entscheidung wird für
diesen Sommer
erwartet.
"Die Mehrheit der Abgeordneten hält die bisherige deutsche Position
für
unvertretbar", sagt der Vizevorsitzende der Ethik-Enquetekommission
des
Bundestages, Hubert Hüppe (CDU). Deutschland müsse sich "mit
allem
Nachdruck" für ein weltweites Verbot jeder Art des Klonens einsetzen,
heißt es in einem Antrag, den Hüppe und die stellvertretende
Unionsfraktions-Chefin Maria Böhmer in den Bundestag einbringen
wollen.
Beide Verfahren seien "mit der Menschenwürde unvereinbar".
Auch der SPD-Vertreter in der Enquetekommission, Wolfgang Wodarg, hält
eine Kurskorrektur für "dringend überfällig". In New
York biete sich die
einmalige Chance, gemeinsam mit den USA alle Formen des menschlichen
Klonens zu ächten. Zum Auftakt der Verhandlungen hatte die US-Delegation
überraschend ein weitgehendes Klon-Verbot befürwortet. In
einem Brief an
Forschungsministerin Bulmahn habe er deutlich gemacht, so Wodarg, "dass
die Mehrheit der SPD-Fraktion den Kurs der Amerikaner voll unterstützt".
Hintergrund des Streits ist eine Anti-Klon-Initiative Deutschlands
und
Frankreichs, die seit Februar in den Vereinten Nationen diskutiert
wird.
Sie umfasst ein Verbot des reproduktiven Klonens und war eine Reaktion
auf die Pläne des italienischen Reproduktionsmediziners Severino
Antinori, der angekündigt hatte, noch dieses Jahr das erste Baby
klonen
zu wollen. Im Herbst hatte die US-Firma Advanced Cell Technology erste
Versuche zum therapeutischen Klonen von Menschen veröffentlicht.
Das
löste eine weltweite Debatte aus. Beim therapeutischen Klonen
werden
identische Embryonen hergestellt, um Stammzellen für die Forschung
zu
gewinnen. Der Embryo stirbt dabei.
Die Bundesregierung lehnt eine Ausweitung der deutsch-französischen
Initiative auf das therapeutische Klonen ab. Das sei international
nicht
durchzusetzen, heißt es. Für SPD-Politiker Wodarg ein "vorgeschobenes"
Argument. In Ländern wie Großbritannien ist das Verfahren
längst
zugelassen. Der Regierung geht es Wodarg zufolge darum, deutschen
Forschern den Import "frischer Stammzellen" zu ermöglichen, die
beim
therapeutischen Klonen gewonnen wurden. Im Januar hatte der Bundestag
den Weg zum Import von embryonalen Stammzellen frei gemacht.
Auch bei den Grünen sitzt der Frust über die Verhandlungen
tief. "Die
Bundesregierung muss klipp und klar erklären, das jedwede Form
des
Klonens nicht akzeptabel ist", sagt Gentechnik-Expertin Monika Knoche.
Sie fordert Außenminister Fischer auf, "sich an die klare Beschlusslage
der Grünen" zu halten. Fraktion und Partei lehnen beide Klon-Formen
strikt ab. Die PDS-Fraktion hat in Sachen Klon-Verbot eine Anfrage
in
den Bundestag eingebracht. "Die Bundesregierung muss dringend erklären,
warum sie in New York so verhalten verhandelt", sagt Ilja Seifert.
Seine
Fraktion werde den Entschließungsantrag der Union unterstützen.
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