Forum Bioethik

Die WTO-Konferenz in Quatar (9.-14.11.2001)

Die Angaben in dem Text gehen auf verschiedene Aufsätze zurück, die in der Zeitschrift Info3 im Dez.2001 erschienen sind: Carol Bergin- Krieger der Positivität. Impressionen von der Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft bei einem unzivilisierten Treffen; Johannes Lauterbach - Die Welthandelsorganisation in der Wüste. Die WTO Ministerkonferenz in Katar hat die Probleme wieder einmal vertagt.
Carol Bergin und Johannes Lauterbach - beide Kritiker der elitären Globalisierung aus Stuttgart, waren als offizielle Pressevertreter der Zeitschrift Info3 bei dem WTO-Treffen zugelassen und berichteten vom 9.-14.Nov im Internet über den Gang der Verhandlungen.
Insgesamt waren ca.70 bekannte Globalisierungskritiker in Quatar anwesend: Vandana Shiva, Maude Barlow, Lori Wallach und Martin Khor, Jürgen Knirsch von Greenpeace und andere.
 
 
 

Das Treffen der WTO fand im November 2001 in Doha, der Hauptstadt des Emirates Quatar statt. Dieser Platz war gewählt worden,, da es weltweit wohl das einzige Land ist, in dem Demonstrationen  verboten sind.
Man wollte sichergehen und nach dem „Debakel von Seattle“ vorbeugen...
Insgesamt waren 380 NGO-Vertreter zugelassen worden - einer pro Organisation. Davon waren über 50% sogen. „Business-NGOs“, die also jedenfalls im engeren Sinn nicht zählen ( nicht als kritische NGO).

Verlauf:
Die 142 Mitgliedsstaaten der WTO hatten es vor allem mit zwei gegensätzlichen Kernforderungen zu tun, was im Abschlußdokument aber sehr ungleich berücksichtigt wurde:

- (1) Die westlichen Industriestaaten forderten - mit Unterstützung des WTO-Sekretariats - eine „neue“ Runde, d.h. eine umfassende Erweiterung der WTO, und zwar durch sofortige Verhandlungen über neue Geltungsbereiche, die sogen. „Singapur-Themen“: Investitionen, Wettbewerbsrecht, Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen und administrative Vereinfachungen beim Grenzübertritt von Waren. 
  „Insbesondere der Bereich „Investitionen“ ist umstritten - viele Kritiker wittern hier den Versuch einer Neuauflage des berüchtigten, 1998 am Widerstand der Zivilgesellschaft gescheiterten MAI (Allgemeines Abkommen über Investitionen), mit dem Investoren umfangreiche Rechte gegenüber Staaten eingeräumt werden sollten“. (Info3, 12/2001, S.16)
Es wurde beschlossen, mit den Verhandlungen zu allen vier Themen in zwei Jahren zu beginnen und bis dahin Vorgespräche zu führen.
Wie tief das Mißtrauen bei Ländern der 3.Welt gegenüber der WTO sitzt, zeigt folgendes Beispiel des indischen Vertreters. Da vor der Aufnahme der Verhandlungen alle Mitgliedstaaten den Modalitäten zustimmen müssen, besteht damit theoretisch  die Möglichkeit, die Verhandlungen noch zu verhindern. Der indische Verhandlungsführer stimmte nun erst der Aufnahme der Verhandlungen zu, als die Interpretation des Textes bezüglich der Modalitäten genau geklärt war. (Info3, 12/2001, S.16)

Widerstand der Entwicklungsländer
(2)  Zur Position der Entwicklungsländer bei der WTO:
„Ein großer Teil der ‘Entwicklungsländer’ wollte keine neue Runde zum jetzigen Zeitpunkt, sondern hatte gefordert, zuerst die bisherigen der WTO-Vereinbarungen zu untersuchen und Probleme bei der Umsetzung bereits bestehender Verträge zu behandeln. Dazu gehörte eine umfassende Revision des TRIPS (Abkommen über handelsbezogene Rechte an geistigem Eigentum) und der Abbau der vielfältigen Handelshemmnisse, die den Entwicklungsländern nach wie vor von den Industriestaaten aufgebürdet werden.“ (Info 3, 12/2001, S.16)
Vor allem das TRIPS-Abkommen, das mit Gründung der WTO 1995 in Kraft trat, hat verheerende Auswirkungen. Viele Kleinbauern in der „Dritten Welt“ verloren zum Beispiel den Zugriff auf ihr eigenes Saatgut und gerieten über Nacht in die Abhängigkeit  global agierender Saatgutkonzerne. Die Versorgung mit kostengünstigen Medikamenten wurde auf Grund der veränderten Patentrechte in Frage gestellt. „Jahrhundertealte Kulturgüter, wie beispielsweise der Basmati-Reis, wurden von Biotechnologie- Konzernen patentiert und damit de facto gestohlen.“ (Info3, 12/2001, S.16)
Bei den Vereinbarungen in Quatar konnte nur für den Bereich der Medikamentenversorgung ein kleiner Durchbruch erzielt werden, so daß dadurch immerhin einige Menschen mehr medizinisch versorgt werden können.

Resümee:
Das „Debakel von Seattle“ scheint vordergründig überwunden worden zu sein. Es wurde keine neue „Runde“ zum jetzigen Zeitpunkt eingeleitet, so daß man zwei Jahre Zeit hat, um die nächsten Verhandlungen vorzubereiten. Man darf gespannt sein, was sie bringen werden.

home            back            side