Forum Bioethik USA - Hüterin der Menschenrechte?

(Aus einem Faltblatt von ai/ Okt.1998)

Gebrochene Versprechen
In ihrer Selbstdarstellung präsentieren sich die USA seit vielen Jahren als „Weltmeister“ beim Eintreten für die Rechte und Freiheiten des Einzelnen und der Durchsetzung des Ideals der Menschenrechte für alle. „Die Menschenrechte sind der Grundstein der amerikanischen Demokratie... Wir müssen alle unseren Teil dazu beitragen, die Menschenrechte für Männer und Frauen jedweder politischen, ethnischen, religiösen und rassischen Herkunft zu bewahren.“ Wohlklingende Worte, politisch korrekt, gesprochen vom Präsidenten der USA, Bill Clinton, am 10.Dezember 1997, dem Tag der Menschenrechte.
   Worte müssen sich jedoch an Taten messen lassen, und da haben die USA im eigenen Land versagt.
   US-amerikanisches Recht schützt ein breites Spektrum von Bürgerrechten, z.B. die Rede-, Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit; es garantiert faire Gerichtsverfahren und verbietet, daß Menschen grausamen und ungewöhnlichen Strafen ausgesetzt werden. Eine Überprüfung der realen Menschenrechts-bilanz führt jedoch zu der Erkenntnis, daß eben diese Rechte landesweit täglich verletzt werden.
 

Polizeibrutalität
Überall in den USA werden Menschen durch den brutalen Einsatz der Polizei verwundet oder sogar getötet. Polizisten schlagen, treten, prügeln und erschießen sogar Personen, die keinerlei Gefahr darstellen. Sie verursachen schwerwiegende Verletzungen, manchmal sogar den Tod, indem sie Zwangsmaßnahmen, chemische Sprays oder Betäubungswaffen mißbräuchlich anwenden. Die meisten Vorkommnisse ereignen sich während der Verhaftung, bei Durchsuchungen, Verkehrskontrollen oder Zwischenfällen auf der Straße.
   Untersuchungen in einigen der größten städtischen Polizeibehörden haben eine erschreckende Dimension an systematischer Brutalität. Das wahre Ausmaß an Polizeigewalt abzuschätzen ist allerdings schwierig, da kein zuverlässiges Datenmaterial existiert. Als gesichert gilt jedoch, daß nahezu alle Opfer von Polizeibrutalität rassischen und ethnischen Minderheiten angehören.
   Untersuchungen von Beschwerden gegen Polizisten dauern oft ungebührlich lang und auch an der Qualität und Unvoreingenommenheit interner Ermittlungen bestehen Zweifel. Disziplinarmaßnahmen sind selten. Strafen fallen in der Regel sehr milde aus.
   Gefährliche Sicherungsmethoden und Polizeigriffe sowie der Einsatz von chemischen Sprays oder Betäubungswaffen. Die Verdächtige lähmen oder zeitweise handlungsunfähig machen sollen, haben ebenfalls zu schweren Verletzungen und Todesfällen geführt. Zahlreiche Polizeidienststellen halten   jedoch weiterhin an dieser Praxis fest oder gestatten ihren Beamten den Gebrauch von Pfefferspray.
   Es ist höchste Zeit für die zuständigen Stellen in den USA, durch geeignete Maßnahmen Mißhandlungen durch Polizeikräfte zu beenden und Polizisten konsequent zur Rechenschaft zu ziehen.
 

Folterungen und Misshandlungen an Gefangenen
Jeder hat das Recht, nicht gefoltert oder mißhandelt zu werden. Dieses Recht, in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbrieft, wird tagtäglich in Gefängnissen und Haftanstalten überall in den USA verletzt.
Mehr als 1,7 Millionen Menschen sind derzeit in den USA inhaftiert. Über 60 Prozent gehören rassischen oder ethnischen Minderheiten an, mehr als 50% sind schwarzer Hautfarbe. Seit 1980 hat sich die Anzahl männlicher Gefangener verdreifacht, die der weiblichen sogar vervierfacht.
Die Vorwürfe gegenüber den Gefängnisbehörden sind mannigfaltig. Es kommt zu sexuellen Übergriffen bis hin zu Vergewaltigungen sowohl durch Mitinsassen als auch durch das Wachpersonal. Zwangsmaßnahmen wie der Einsatz von „Sicherungsstühlen“ oder ferngesteuerter Elektroschockgürteln kommen grausamer und unmenschlicher Behandlung gleich und enden bisweilen tödlich.
So starb Scott Norberg 1996 in einem Gefängnis in Arizona den Erstickungstod, nachdem man ihn mit einem um das Gesicht gewickelten Handtuch stundenlang auf einem „Sicherungsstuhl“ festgeschnallt hatte.
Auch die Gesundheitsfürsorge ist in vielen Haftanstalten mangelhaft. Als bei der schwangeren Annette Romo 1997 im Maricopa-Gefängnis Blutungen einsetzten, bat sie mehrfach vergeblich um Hilfe. Erst als sie ohnmächtig geworden war, brachte man sie in ein Krankenhaus. Ihr Kind starb.
Jede Regierung, auch die der USA, muß die Menschenrechte der Insassen ihrer Gefängnisse ebenso achten wie die aller Bürger. Die Mißstände in den USA erfordern dringend Gegenmaßnahmen. Unabhängige Aufsichtsgremien und auf Bundesebene einklagbare Richtlinien für die Behandlung von Gefangenen, die mit internationalen Menschenrechtsstandards im Einklang stehen, könnten hier Abhilfe schaffen.

Kinder hinter Gittern
Internationale Standards erkennen an, dass inhaftierte Kinder des besonderen Schutzes bedürfen. Dennoch verfolgen viele Bundesstaaten der USA Kinder, denen schwere Verbrechen vorgeworfen werden, strafrechtlich wie Erwachsene.  Im Strafvollzug sind sie entweder zusammen mit Erwachsenen oder unter Bedingungen inhaftiert, die ihren speziellen Bedürfnissen nicht gerecht werden. So bleiben manche von ihnen den größten Teil des Tages in ihren Zellen eingeschlossen.
Amnesty international fordert die USA auf, die UN-Konvention über die Rechte des Kindes zu ratifizieren und sicherzustellen, daß Kinder in Gefängnissen und Haftanstalten getrennt von Erwachsenen untergebracht werden.

Asylbewerber wie Kriminelle behandelt
Jeder Mensch, der gezwungen ist, sein Heimatland zu verlassen, um der Verfolgung zu entgehen, hat das Recht, Asyl zu beantragen. Die USA haben dieses Prinzip anerkannt, gleichzeitig aber bedeutungslos gemacht, indem sie Asylsuchende in Haft nehmen und wie Kriminelle behandeln. Sie werden zusammen mit Verbrechern untergebracht, in Fesseln und Ketten gelegt, Leibesvisitationen unterzogen sowie physisch und verbal misshandelt, und all dies ohne Kontakt zu ihren Familien, Anwälten oder Organisationen, die ihnen helfen könnten. Schlimmer noch: Im Gegensatz zu verurteilten Straftätern sind sie völlig ahnungslos, wann man sie wieder in die Freiheit entlassen wird.
Für viele Regierungen ist die Behandlung von Asylsuchenden durch die USA ein Gradmesser dafür, wieviel Respekt sie selbst internationalen Mechanismen für den Schutz von Flüchtlingen zollen müssen. Es ist von grundlegender Bedeutung, daß die US-Regierung Schritte einleitet, um ihren Verpflichtungen gegenüber Menschen nachzukommen, die innerhalb ihrer Grenzen Schutz suchen.

US-Waffen und Menschenrechtsverletzungen
Die USA haben Waffen und Sicherheitsausrüstung an Regierungen und bewaffnete Gruppen in aller Welt geliefert , die für Folterungen, politische Morde und andere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren und sind. Sie haben ferner ausländische Militär- und Polizeikräfte ausgebildet oder geschult, die sich ebenfalls Menschenrechtsverletzungen haben zuschulden kommen lassen.
Amnesty international ist der Meinung, daß die US-Regierung einen verbindlichen Verhaltenskodex aufstellen sollte, der Regelungen einen verbindlichen Verhaltenskodex aufstellen und durchsetzen sollte, der Regelungen für sämtliche Exporte wie auch anderweitige Hilfen an ausländische Militärs, Sicherheitsdienste und Polizeikräfte enthält und dessen Ziel es sein muß sicherzustellen, daß US-amerikanische Bildungstransfers und die Weitergabe von Know-how nicht zu schweren Menschenrechtsverstößen beitragen.

Anschrift: amnesty international, 53108 Bonn
 
 

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