Berlin, 4. Juli 2002
„Spätabtreibung“ ist Gewissensfrage – Hüppe fordert Freigabe
der
Abstimmung
Zur heutigen Plenardebatte des Antrags der CDU/CSU „Vermeidung von
Spätabtreibungen – Hilfen für Eltern und Kinder“ (14/6635)
sowie des
Antrags von SPD und Grünen „Rechtsanspruch auf Beratung im Mutterpass
zusätzlich festschreiben“ (14/9030) erklärt der
CDU-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der
Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" Hubert Hüppe
MdB:
Die heute Abstimmung über die Spätabtreibung lebensfähiger
Kinder muß
von den Fraktionen freigegeben werden. Denn frühere Entscheidungen
zur
Abtreibung waren als Gewissensfrage anerkannt worden.
SPD und Grüne zeigen sich weiterhin völlig unwillig, an der
Praxis der
Spätabtreibungen bis zur Geburt tatsächlich etwas zu ändern.
Dies zeigt
die Vorgeschichte der heutigen Debatte und dies ist erkennbar an dem
von
SPD und Grünen eingebrachten Antrag. SPD und Grüne haben
in letzter
Minute einen Antrag formuliert, der nur einen Hinweis auf
Beratungsmöglichkeiten im Mutterpaß vorschreiben will. Das
ist
angesichts der Ungeheurlichkeit von Spätabtreibungen lebensfähiger
Kinder völlig unzureichend.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte ihren Antrag bereits im Juli 2001
eingebracht. aber die Beratung im Plenum zunächst nicht verlangt,
in der
Hoffnung, dass eine Einigung zu einem fraktionsübergreifenden
Antrag
zustandekommt. Die interfraktionellen Gespräche unter Federführung
von
Inge Wettig-Danielmeier (SPD) wurden jedoch von der rot-grünen
Mehrheit
verschleppt. Alle ernsthaften Verbesserungsvorschläge – auch die
von der
Bundesärztekammer oder der Bundesjustizministerin unterstützten
- wurden
abgelehnt. SPD und Grüne haben jede Hoffnung auf ein gemeinsames
Vorgehen zunichte gemacht.
Die Union formuliert in ihrem Antrag einige mindestnotwendige
Forderungen zur Eindämmung der Spätabtreibungen lebensfähiger
Kinder mit
Behinderungen. Diese Abtreibungen nach Pränataldiagnostik werden
seit
der Änderung von § 218 im Jahr 1995 formal mit der medizinischen
Indikation begründet und unterliegen deshalb weder einer zeitlichen
Befristung noch einer Beratungspflicht.
Auch der Bericht der Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen
Medizin“ enthält über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig
getragene
Empfehlungen zur Korrektur der unerträgichen Situation.
Besondere Aktualität erhält das Thema Spätabtreibung
durch das
BGH-Urteil, mit dem eine Ärztin zu Schadensersatz verurteilt wurde.
Der
„Schadensfall Kind“ hätte sich nur durch die vorgeburtliche Tötung
des
Kindes vermeiden lassen.
Das Urteil diskriminiert alle Menschen mit Behinderungen und setzt
Ärzte
einem Druck zur Selektion aus, der mit ärztlicher Standesethik
unvereinbar ist.
Das BGH-Urteil stützt sich auf die geltende Rechtslage des §
218 und
anerkennt bei vorgeburtlich diagnostizierter Behinderung des Kindes
ein
Recht auf Abtreibung mit medizinischer Indiktion. Damit belegt gerade
dieses Urteil die dringende Notwendigkeit einer Korrektur der
Rechtslage.
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