Wie es weiterging... Ein Besuch auf dem Sonnenberg mit Folgen Ende Mai 2011 fand auf dem Sonnenberg im Harz eine Jubiläumsfeier des Vereins "IP 1- Internationale Schulpartnerschaften" zum 25jährigen Bestehen statt. Ich selber bin seit ca 20 Jahren Mitglied in diesem Verein und hatte an meiner früheren Schule, der Eichenbergschule in Bad Harzburg (eine Förderschule für lernbehinderte Schüler) vor einigen Jahren eine Schulpartnerschaft nach Burundi in Ostafrika aufgebaut. Der Festvortrag bei der Veranstaltung wurde von Günter Wiemann gehalten. Er ist inzwischen fast 90 Jahre alt und war langjähriger Vorsitzender des "Sonnenberg-Vereins". Der Sonnenberg war ja nach dem 2.Weltkrieg als internationale Begegnungsstätte gegründet worden und war eine der ersten ihrer Art. Günther Wiemann ging in seinem bewegenden Vortrag auf die Geschichte des Sonnenberges ein. Am Schluss wies er noch auf sein neues Buch hin- es war eine Biographie über zwei Braunschweiger, die in den zwanziger Jahren nach Südamerika ausgewandert waren. Zum einen beeindruckte mich sehr die Lebenserfahrung und auch das Vermögen, in einem so hohen Alter noch so tätig sein zu können.- Am nächsten Morgen dachte ich mir, es wäre doch schön, wenn er sich auch einmal mit Fritz Bauer beschäftigen könnte. Es wäre doch ein lohnendes Thema. Als ich noch auf der Tagung mit Jos Schnurer, einem der Gründungsmitglieder von "IP 1" darüber sprach, bestärkte er mich in der Absicht. So nahm ich nach der Tagung Kontakt mit Günther Wiemann auf und besuchte ihn im Juni in Volkmarode. Bevor ich mein Anliegen vortragen konnte, gab er mir einen Text über Fritz Bauer aus der Zeit des Exils in Schweden und eine Broschüre des DGB. Es war eine Ausgabe der "Regionalen Blätter" der Gewerkschaft; diese Ausgabe behandelte die Geschichte des "Sonnenberges", sie war erst vor kurzem erschienen. Und dann meinte Günther Wiemann, das nächste Heft könne ja über Fritz Bauer sein. Ich könne dazu etwas schreiben. In der nächsten Woche erhielte er Besuch von Herrn Algermissen, der diese Blätter mit herausgäbe. Er würde sich dann bei mir melden. Ich war richtig überrascht und fand die Idee aber gut. Es war nun ein Anlass, auch etwas über Fritz Bauer und seine Zeit in Braunschweig zu schreiben - es sollte ja einen regionalen Bezug haben. Als ich zu Hause das Heft über den "Sonnenberg" las, war ich sehr beeindruckt. Es war sehr lebendig geschrieben, und es ermunterte mich, meine Erlebnisse und Erfahrungen zu Fritz Bauer aufzuschreiben und dabei zu schildern, wie es zu dem "Freundeskreis Fritz Bauer" gekommen war. In den vergangenen zwei Jahren war in dieser Hinsicht auch viel geschehen. Der 1.Mai Nur wenige Schritte entfernt hatte in diesem Jahr auch der Arbeitskreis "Andere Geschichte" einen Stand. Da ich wusste, dass dieser Arbeitskreis sehr gute Veranstaltungen insbesondere auch zur regionalen NS-Geschichte durchführte und hervorragende Bücher zu dem Thema herausgegeben hatte, wollte ich an dem Stand auch das Thema Fritz Bauer ansprechen. Da wurde ich etwas enttäuscht. Ich wurde nur auf verschiedene Bücher hingewiesen, in denen auch Fritz Bauer auftauchte. Aber in besonderer Weise war er nirgends behandelt worden. Er sei eben einer von ganz vielen... Damit konnte ich nicht viel anfangen. Das, was Fritz Bauer hier in Braunschweig geleistet hatte, fand ich viel zu wenig gewürdigt. Es gab nicht einmal einen besonderen Text oder ein Buch zu Fritz Bauer in Braunschweig. Auch schien kein besonderes Interesse daran zu bestehen. Erinnerungskultur der Gewerkschaften - 4.Juli 2011: Die Gedenkfeier begann am Ruhfäutchenplatz in Braunschweig, am Heinrich-Jasper-Denkmal gegenüber der Burg, ging dann weiter am Hauptfriedhof in der Helmstedter Straße; die Hauptveranstaltung war anschließend auf dem Pappelhof in Rieseberg am Elm. Dort waren zehn willkürlich ausgesuchte Kommnisten und Sozialdemokraten von einem SS-Kommando erschossen worden, nachdem sie vorher in der AOK in Braunschweig gefoltert worden waren. Was mich so beeindruckte, war die Erinnerungskultur, die ich hier vorfand. Das hatte ich bisher selten erlebt, vielleicht nur bei Gedenkfeiern zum 9.November, die jedes Jahr vor der Synagoge in Braunschweig stattfanden. Diese ermordeten Menschen waren nicht vergessen worden; von dem Gedächtnis ging eine große Kraft aus. Und ich empfand eine große Achtung vor den Gewerkschaften. Während sie in den letzten Jahren sich in mancher Hinsicht durch die Globalisierungstendenzen in der Defensive befanden und auch Mitglieder verloren haben, behielten sie doch ihre wichtigen Positionen bei, traten für Menschen und ihr Recht auf Arbeit ein sowie für menschenwürdigere Bedingungen am Arbeitsplatz usw. Auch der Ablauf der Gedenkveranstaltung war in sich sehr stimmig. Keine Rede um der Rede willen. Nach einer kurzen Einführung vom DGB-Regionalvorsitzenden Michael Kleber hielt der SPD-Bürgermeister von Rieseberg eine einfühlsame Rede. Insbesondere beschrieb er das Schicksal eine der Witwen der Ermordeten, deren Kinder später nach Hadamar bei Limburg in Hessen, in eine der Vernichtungsanstalten der Euthanasie-Aktion, gebracht wurden. Sie war dorthin gefahren, um die Kinder zurückzuholen, aber der Arzt hatte zu ihr nur gesagt: "Wussten Sie nicht, dass alle jüdischen Kinder getötet werden?" Der Chor "Gegenwind" aus Wolfsburg trug dann als musikalischen Beitrag noch einige Stücke vor, darunter auch das Lied von den Moorsoldaten. Schon einige Tage vor der Veranstaltung hatte ich Hansi Volkmann vom DGB angeschrieben, ihn auf den Freundeskreis Fritz Bauer aufmerksam gemacht und angesprochen, ob man nicht bei der Gedenkfeier darauf hinweisen könnte. Immerhin hatte im vergangenen Jahr Helmut Kramer in seiner Rede in Rieseberg auch schon Fritz Bauer erwähnt. - Nur kurze Zeit später erhielt ich eine positive Antwort, Er würde die Infos von mir an Herrn Kleber weitergeben, ich solle in fünf Zeilen eine kurze Zusammenfassung geben. Nun, es wurden insgesamt sieben Zeilen, und tatsächlich wies Michael Kleber in seiner Einführungsrede auf die Initiative hin und hielt auch den Flyer dabei hoch. Am Ende der Veranstaltung konnte ich Flyer und Faltblatt verteilen. Hier waren viele Menschen, die nicht nur interessiert, sondern auch sachkundig waren, sich mit geschichtlichen Fragen und der NS-Vergangenheit bestens auskannten. Zum ersten Mal gingen die Informationen des Freundeskreises über einen kleineren Kreis hinaus.
Ein Fußball-Fanprojekt moderiert den Fritz-Bauer-Film Das Konzept von "Aktion Mensch" sah vor, dass nach jeder Filmvorführung eine Diskussion mit einem Partner vor Ort stattfinden sollte. Für den Film "Budrus", der einige Tage später lief und in den besetzten Gebieten in Israel/ Palästina spielt, war das die Braunschweiger amnesty-Gruppe. Für den Fritz-Bauer-Film war der "Moderations-Partner" das "Fußball-Fanprojekt" der AWO. Zunächst hatte ich mich etwas gewundert, weshalb ausgerechnet ein Fußball-Fanprojekt die Moderation für einen Fritz-Bauer-Film übernimmt. War es Zufall, oder gab es hier von ganz anderer Seite Menschen, die an dieser Thematik interessiert waren, von denen man es zunächst gar nicht gedacht hätte? Ich selber konnte an dem Abend nur zum Teil anwesend sein, da gleichzeitig der Braunschweiger Nachtlauf mit Tausenden von Teilnehmern stattfand und ich mit einer Gruppe geistigbehinderter Schüler daran teilnahm. Da ich wusste, dass sich auch Helmut Kramer den Film anschauen wollte, hatte ich mich vorher mit ihm im Kino verabredet. Helmut Kramer hat sicher eine besondere Stellung zum Film. Als einer der größten Fritz-Bauer-Kenner hatte es mehrfach während der Dreharbeiten Kontakte zwischen ihm und der Filmemacherin gegeben, aber es war dann aus verschiedensten Gründen dann doch nicht zu einer Begegnung gekommen, was von beiden Seiten nachträglich immer wieder bedauert wurde. Für diesen ausgezeichneten Film wäre es eine zusätzliche Bereicherung gewesen. Und für Helmut Kramer wäre es eine Gelegenheit gewesen, seine vielfältigen und persönlichen Eindrücke und Sichtweisen zu Fritz Bauer zu äußern. Nun war es nicht dazu gekommen. Umso gespannter war ich, wie er den Film und die gezeigten Personen beurteilen und einschätzen würde. Ich war frühzeitig gekommen und hatte auch etwas Info-Material zu Fritz Bauer und den "Freundeskreis" mitgebracht. Die Mitarbeiter des Fanprojektes waren gerade dabei, ihren Stand aufzubauen. Sie waren etwas überrascht und meinten, ich könne ja später das Material hinzulegen, wenn es passen würde. Zu einem Gespräch über Fritz Bauer war es nicht gekommen. Sie selber hatten allgemeine Infos zu dem Filmfestival ausgelegt, nähere Infos zu Fritz Bauer waren nicht dabei. - So wartete ich eben in der Nähe auf Helmut Kramer, der auch alsbald kam. Wie immer sind die Begegnungen mit ihm sehr lebendig, so dass gleich ein intensives Gespräch entstand. Einige Zeit später kam Klaus-Peter Bachmann, der Landtagsabgeordnete der SPD, hinzu, der zufälligerweise auch Ehrenvorsitzender der AWO war. Er meinte auch, dass er die Eröffnungsrede für den Film halten wollte. Das war sicherlich ein glücklicher Zufall. Mit treffenden Worten gab er eine kurze Einführung in den Film und wies auch auf Helmut Kramer und mich (als den Vertreter des Fritz-Bauer-Freundeskreises) hin. Und dann begann der Film - ich sah ihn nun zum dritten Mal und entdeckte ihn jedes Mal wieder neu. Ein wirklich beeindruckender Film. Etwa bei der Hälfte des Filmes musste ich das Kino verlassen und mich auf den Weg zum Nachtlauf begeben. Tatsächlich schien ich nicht viel versäumt zu haben, denn nach dem Film hatte es im Kino keine Diskussion mehr gegeben. Vor dem Kinosaal hatte es - wie bei dem Filmfestival üblich - noch einen kleinen Imbiss mit der Möglichkeit zu Gesprächen gegeben, aber auch hier war es wohl nicht zu einer Diskussion gekommen. Eigentlich schade. Nun gab es jedoch schon nach kurzer Zeit eine Begegnung ganz anderer Art mit dem Fußball-Fanprojekt. "In den Stadien ist es ruhiger geworden" Auch im Lokalteil wurde auf das Urteil in dem Prozess eingegangen, jeweils mit sehr unterschiedlichen Akzenten. Der Hauptbericht beschrieb die Vorgänge bei dem Überfall näher mit der Überschrift "Fußballfans, die sich wie Krieger fühlen". Daneben eine Stellungnahme vom Vize-Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jörg Radek, dass angesichts zunehmender Gewalt von Fußballfans ein härteres Durchgreifen notwendig sei. Auf derselben Seite gab es dann eine Stellungnahme des Fußball-Fanprojektes der AWO (von Karsten König) mit der Schlagzeile "In den Stadien ist es ruhiger geworden". Es war dasselbe Fanprojekt, das am Abend vorher den Fritz-Bauer-Film moderiert hatte. In der Stellungnahme wurde auf die enorme Gewalttätigkeit der Hooligans bei dem Überfall und das anschließend recht milde Urteil nicht näher eingegangen. Ich schrieb dann jedoch einen Leserbrief an die BZ, in dem ich das Urteil und auch die Stellungnahme des Fan-Projektes kritisierte. Dann kam es zu einem längeren Briefwechsel mit dem Moderationspartner des Fritz Bauer Filme, in dem es - statt über Fritz Bauer - über Gewalt im Fußball bzw. in den Stadien ging. Bericht in der BZ über den Freundeskreis - passend am 20.Juli Wir verabredeten uns auf einen Dienstag (den 19.7.).Ich hatte gerade den Entwurf für meinen Text "Wie alles anfing - Über die Entstehung des Fritz Bauer Freundeskreises" fertig gestellt und nahm ihn mit. Es fand dann ein anregendes Gespräch statt - sie kannte sich mit Fritz Bauer gut aus und hatte mit großem Interesse die Biographie über ihn von Irmtrud Wojak gelesen. An einem wesentlichen Punkt waren wir aber unterschiedlicher Meinung: Ich betonte den Kampf gegen Straflosigkeit bei Fritz Bauer, und sie hob den humanen Ansatz insbesondere bei seinen Gedanken zur Strafrechtsreform hervor. Letztlich stimmen beide Ansätze - einerseits trat Bauer entschieden für die Verfolgung der Täter ein, hatte dabei aber immer auch Achtung für die Täter als Menschen. Die Todesstrafe lehnte er grundsätzlich ab. Der Artikel erschien halbseitig schon am nächsten Tag in der Braunschweiger Zeitung. Es war der 20.Juli, wie ich dann feststellte, eigentlich genau der passende Tag dafür. Schon am selben Tag kamen mehrere Anrufe und Mails, in denen Interesse an einer Mitarbeit bekundet wurde. Ich kam nun in Zugzwang - bis jetzt hatte es eigentlich noch gar keinen richtigen "Fritz Bauer Freundeskreis" gegeben, es war eigentlich nur eine Idee gewesen, die ich beim letzten Treffen des Vereins "Forum Bioethik" vorgestellt hatte. Aber ich hatte Resonanz dort gefunden. Angesichts eines größeren allgemeinen Interesses bestand nun wohl auch die Notwendigkeit, sich tatsächlich einmal richtig "offiziell" zu treffen. Aber wie sollte ein solches Treffen stattfinden, welche Räumlichkeiten waren angemessen? Ich hatte zunächst aber kaum Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, denn schon zwei Tage später stand eine Urlaubsfahrt mit Bekannten nach Burgund an. Es sollte erst in den Elsass gehen, um dort das Kloster der heiligen Odilie auf dem Odilienberg bei Straßburg zu besuchen. Anschließend wollten wir in Burgund das Kloster Cluny und das nahe gelegene Taize anschauen. Die 5-tägige Fahrt war eine Reise in die Geschichte des 8.-11 Jahrhunderts. Der Fritz-Bauer-Weg in Stuttgart Nun, den Fritz- Bauer-Weg, der noch auf Googlemap verzeichnet war, den gab es nicht mehr. Es war eine kleine, unbedeutende Stiege gewesen, die inzwischen wieder umbenannt worden ist, da man sich für eine andere größere Straße entschieden hatte. Das Interessante hierbei war sicherlich auch die Umbenennung gewesen, da die andere Straße - wie erwähnt - Treitschkestraße vorher hieß. Treitschke gilt als einer der "Väter des modernen rassischen Antisemitismus" (Theodor Mommsen) - insofern war eine Umbenennung sicherlich sinnvoll gewesen. Man hatte sich wirklich Gedanken gemacht. Nun, in anderen Städten wie Berlin, Hannover, Essen, Karlsruhe usw. gibt es auch noch Treitschkestraßen. In Berlin gab es deswegen Überlegungen, es zu ändern, in Hannover, Essen und Karlsruhe ehrt man weiter diesen Wegbereiter des Antisemitismus. Liegt es dort an fehlenden geschichtlichen Kenntnissen oder am mangelnden Problembewusstsein? - Vielleicht könnte man in anderen Städten auch darauf hinweisen. Diese Idee griff ich dann aber erst im nächsten Frühjahr dann auf. Das erste Treffen des "Freundeskreises" In diese Zeit fiel auch ein Vortrag von Eckhard Schimpf, dem ehemaligen Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, der über Bruno Heilig noch geforscht hatte. Er hatte ihn einmal als Kind kennen gelernt, als er in die Wohnung von Schimpfs in der Ferdinandstraße einziehen wollte. Vierzig Jahre später - Mitte der 90iger Jahre - begann er Nachforschungen aufzunehmen. Bruno Heilig war in den letzten Kriegsmonaten der oberste Nazi in Braunschweig gewesen. Nach dem Krieg war er 1948 über Rom nach Argentinien geflüchtet und hatte dort auch Eichmann kennen gelernt. (2) Am 26. September fand dann das Treffen des Fritz-Bauer-Kreises im DGB-Haus statt. Für mich war die Frage, wer denn überhaupt kommen würde. Davon hinge auch ab, ob es überhaupt weitere Nachfolgetreffen geben würde. - Es kamen tatsächlich ungefähr 10 Personen, darunter auch Hansi Volkmann vom DGB, Sigrid Probst, die ehemalige Zweite Bürgermeisterin der Stadt, und Henning Noske, Wissenschaftsjournalist der Braunschweiger Zeitung und jetzt neuer Chef der Lokalredaktion, der auch Grüße des Chefradakteurs Armin Maus an den Arbeitskreis ausrichten ließ. Im weiteren nahmen auch mehrere interessierte Einzelpersonen teil. Bei diesem Treffen ging es darum, eine erste Grundlage zu schaffen. Ein Anliegen war, eine Straßenbenennung nach Fritz Bauer zu erreichen. Aber es wurde auch wieder festgestellt, wie unbekannt eigentlich noch Fritz Bauer in der Stadt ist, und dass es wichtig wäre, ihn überhaupt noch bekannter zu machen. Und eine Zusammenarbeit mit Fachleuten wäre wichtig, insbesondere mit Historikern, die dem Kreis von engagierten Laien auch wissenschaftlich mehr Gewicht geben würden. Eine weitere Frage war, welchen Namen der Arbeitskreis in Zukunft tragen sollte - denn dass der Arbeitskreis weiter bestehen sollte, war allgemein erwünscht. Sollte er einfach "Arbeitskreis Fritz Bauer" heißen - oder "Freundeskreis"? Es gab noch weitere Vorschläge. Bei dem nächsten Treffen sollte dann endgültig über den Namen entschieden werden. Zunächst wurde aber noch vereinbart, dass die Treffen alle zwei Monate einmal stattfinden sollten. Gute Zusammenarbeit mit der Braunschweiger Webzeitung braunschweig-spiegel.de In dieser Zeit schrieb ich mehrere Aufsätze über Fritz Bauer, seinen Bezug zu Menschenrechten, zur Straflosigkeit sowie zu verwandten Themen mit Bezügen zu Jean Ziegler, Heinrich Heine und - wie erwähnt - über Bruno Heilig, die von der Webzeitung immer gut durch passende Fotos und weiterführende Links aufbereitet wurden. So konnte ich bei weiteren Anfragen immer auch auf diese Webseite hinweisen. Dazu richtete ich einen Emailverteiler für einen Freundeskreis ein, der nun immer größer wurde. Es gab einen kleinen Verteiler für die aktiven Teilnehmer und einen größeren Verteiler mit allgemeinen Infos zu Fritz Bauer, der weit über Braunschweig hinausging. Fahrt nach Burundi in Ostafrika Es bestand eine Reisewarnung, es gab keinen Tourismus oder irgendwelche Gäste in Burundi. Nach den Wahlen von August 2010 schien es etwas ruhiger zu werden. Gerard aus Burundi, der seit einigen Jahren in Deutschland lebt und auch die deutsche Staatsangehörigkeit hat, organisierte für die Herbstferien eine Reise nach Burundi, an der drei Personen und ich teilnahmen, um das Land und verschiedene Projekte kennen zu lernen. Es war eine schöne und abenteuerliche Reise in ein unbekanntes und vergessenes Land, über das es fast keine Unterlagen, Hinweise oder Bücher gab. Ich war schon sehr gespannt. In meinem Koffer aber packte ich Bücher über Fritz Bauer und Richard Wagner ein. Auch mitten in Afrika, mitten im Busch würde ich mich weiter mit ihnen beschäftigen. Richard Wagner und der Antisemitismus Bei meinem Recherchen über Antisemitismus und Musik war ich dabei immer wieder auf Wagner gestoßen und auf seine verheerende Schrift von 1850 "Das Judentum in der Musik". Ich hatte mir hierzu das sehr gute Buch von Jens Malte Fischer über das Wagner-Buch besorgt. (3) Ein hervorragendes und sorgfältiges Buch, in dem die einzelnen Schritte ausführlich beschrieben werden, wie sich der Antisemitismus bei Wagner entwickeln konnte, bis er später bei ihm und seinem Umfeld in Bayreuth so extreme Ausmaße annahm. Alter und neuer Antisemitismus - bis hin zum aktuellen Israel-Palästina-Konflikt Ich selber war zunächst eher mit den Fragen des alten Antisemitismus beschäftigt, der sich gegen Ende des 19.Jahrhunderts zu einem rassischen Antisemitismus entwickelte. Trotzdem sprach ich mich in einem Brief an die Universität gegen das Veranstaltungsverbot aus. Insgesamt aber schien die Frage des alten Antisemitismus nicht von den neuen Fragestellungen und einer starken Israelfeindschaft zu trennen zu sein. In dieser Zeit schrieb ich den kleinen Aufsatz "Wie Fritz Bauer immer wieder zum Juden gemacht wurde". Ein wesentliches Kennzeichen des Antisemitismus war ja, den anderen jeweils als "Juden" zu bezeichnen, ihn abzustempeln und ihn mit seinen eigenen Kategorien zu versehen. Bei Fritz Bauer wurde das deutlich: obwohl er aus einer jüdischen Familie kam, hatte er selber kaum größere Bezüge zum "Jude-sein", er fühlte sich als Deutscher, als Sozialdemokrat und Jurist. In die Rolle des Juden wurde er aber immer wieder von außen gedrängt. Es ist schon ein merkwürdiges und besorgniserregendes Phänomen, wenn durch besondere Kriterien Menschen ausgegrenzt werden und dann im Extremfall - wie in der deutschen Geschichte - schließlich vernichtet werden. In diese Zeit fiel auch ein Anruf vom Vorstand der Gesellschaft für christlich- jüdische Zusammenarbeit in Braunschweig mit der Frage, ob ich bei einem Vorstandstreffen den Fritz Bauer Freundeskreis vorstellen könnte. Ich sagte zu und schon kurze Zeit später kam es zu dem Gespräch. Ich stieß auf großes Interesse, man unterstützte die Initiative aus vollem Herzen und wollte bei weiteren Treffen auch aktiv mitarbeiten. So wurde der Freundeskreis um eine wichtige Gruppe erweitert. "Leserforum" der Braunschweiger Zeitung über rechte Gewalt und das 2.Treffen des Freundeskreises (am 28.Nov.2011) - Ideen und Aktivitäten konkretisieren sich Nach einer interessanten Diskussion erwähnte Henning Noske, dass das nächste Leserforum der BZ über Fritz Bauer gehen sollte, das wäre dann voraussichtlich am Anfang des kommenden Jahres. Bei einem weiteren Gespräch mit Gerd Biegel erwähnte dieser, dass er früher in den 90er Jahren einen Vortrag über Fritz Bauer gehalten habe, den damals aber niemand interessiert hätte. Er bot an, ihn später noch einmal in überarbeiteter Form zu halten, da jetzt plötzlich Interesse an dieser Person bestehe. Ich unterstützte dies Angebot sofort, und freute mich, dass ein so renommierter Historiker aus der Region sich nun tatsächlich zu Fritz Bauer äußern würde. Im Saal hatte ich auch Ernst August Roloff angesprochen, ob er auch etwas über Fritz Bauer schreiben könnte. Er ist inzwischen 83 Jahre alt und hat einige wichtige Bücher über NS-Geschichte in Braunschweig geschrieben. (4) Er meinte jedoch, angesichts seines hohen Alters würde er nicht mehr forschen und Vorträge halten, aber die Initiative des Freundeskreises würde er gern in Zukunft unterstützen. In den vergangenen Wochen hatte ich über Hansi Volkmann von einem weiteren Historiker aus der Region erfahren. Es war Hans Ulrich Ludewig, der am Historischen Institut in Braunschweig tätig gewesen war und auch über NS-Geschichte gearbeitet hatte. Er ist inzwischen pensioniert und lebt in einer kleinen Stadt bei Braunschweig. Zu ihm hatte ich Kontakt aufgenommen, und auch er erklärte sich bereit, einen Vortrag über Fritz Bauer und seine Prozesse in Braunschweig zu halten. Da es mit Helmut Kramer einen weiteren Fachmann zu Fritz Bauer in Braunschweig gab, war Gerd Biegel auf die Idee gekommen, im Frühjahr eine Tagung zu Fritz Bauer in seinem Institut zu organisieren. Die Aktivitäten zu Fritz Bauer wurden somit immer vielfältiger, und es kamen nun auch Fachleute - Historiker und Juristen - dazu. Das 2.Treffen des Freundeskreises Folgende Ideen wurden entwickelt und vorgestellt: Erfreulich an dm 2.Treffen des Arbeitskreises war darüberhinaus, dass auch Rudolf Hollnagel vom Vorstand der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit an dem Treffen teilgenommen hatte und fortan mitarbeiten wollte. Die Unterstützung dieser Gesellschaft ist sicherlich auch besonders wertvoll. "Warum der große Fritz Bauer immer noch keinen Platz in unserer Stadt hat..." Ich selber hatte mir aber vorgenommen, mich in den kommenden Weihnachtsferien nicht mit Fritz Bauer zu beschäftigen. Das Thema für diese Zeit war Richard Wagner - und ich hatte mir grundlegende Literatur dazu besorgt. Am 1. Weihnachtstag ging es dann auch in die Oper: im Staatstheater Braunschweig wurde "Tristan und Isolde" aufgeführt. Das Entstehen dieser Oper fiel in die Zeit, als Wagner seine Schrift über "Das Judentum in der Musik" veröffentlicht hat. Und unter diesem Gesichtspunkt betrachtete ich auch die Aufführung dieser Oper. Die Aufführung von "Tristan und Isolde" im Staatstheater Braunschweig Umso mehr irritierte mich, was ich jetzt als die "dunkle" Seite von Wagner kennen lernte, den Antisemiten, den Egomanen und Intriganten. Das passte zunächst gar nicht in mein Bild, das ich mir von dem Komponisten des Bühnenweihspiels "Parsifal" bisher gemacht hatte, in der der Held "Gralskönig" wird. Im Zentrum des "Parsifal" stand ja der Satz "durch Mitleid wissend werden". Dieser Satz hatte für mich immer einen positiven Bezug zur Heilpädagogik gehabt und wurde von einem der alten anthroposophischen Heilpädagogen (Holtzapfel) als Leitmotiv der Heilpädagogik gesehen. (5) Ich las zunächst das Buch "Der Wagner-Clan. Geschichte einer deutschen Familie" von Jonathan Carr. (6) Das Buch gibt einen guten Überblick über die verschiedenen Generationen des Wagner-Clans bis in die Gegenwart hinein und betrachtet sie auch unter kritischen Gesichtspunkten. Es ist ein wichtiges Werk, auch ein guter Einstieg, um die Wagner-Familie (und ihre Abgründe) kennenzulernen. Anschließend beschäftigte ich mich mit weiteren Büchern aus dem Clan, mit "Nacht über Bayreuth" von Friedelind Wagner (sie war eine Enkelin von Wagner und 1940 in die USA geflohen) sowie dem kritischen Buch von Gottfried Wagner (einem Urenkel Wagners) "Wer nicht mit dem Wolf heult". Es ist ein wichtiges, fast verzweifeltes Buch von einem, der gegen den Clan, dessen Intrigen und Antisemitismus ankämpft. Es erschien 2007 und sorgte weltweit für Aufregung. Dann folgten Bücher über Cosima Wagner (7) und Winifred Wagner (8). Cosima Wagner war sehr antisemitisch eingestellt, und Winifred Wagner als glühende Hitler-Verehrerin hatte eine Zeitlang sogar gehofft, Hitler heiraten zu können, und ihn auch nach dem Krieg weiter verehrt. Bayreuth schien eines der wichtigsten antisemitischen Zentren im deutschsprachigen Raum gewesen zu sein - wobei der Schwiegersohn von Richard Wagner, Houston Steward Chamberlain, noch eine besonders düstere Rolle gespielt hat. In seinem Werk "Die Grundlagen des 19.Jahrhunderts" legte er wesentliche Grundlagen für das Entstehen eines neuen rassischen Antisemitismus. Das Werk, das 1897 erschienen ist, war ein Bestseller und hatte großen Einfluss auf die antisemitische Bewegung. Mit seinen rassisch-antisemitischen Ideen übte er auch eine große Wirkung auf Kaiser Wilhelm II. aus, auch Hitler verehrte ihn sehr verehrt und erhielt viele Anregungen von ihm für seine eigene Weltanschauung. Fast alle wichtigen antisemitischen Denker, Hassprediger und Politiker hatten einen engen Bezug zu Bayreuth oder zu der Musik Wagners. Ich versuchte das etwas zu verfolgen und schrieb einen ersten Aufsatz dazu, in dem ich Wagner aus einer möglichen Perspektive von Fritz Bauer betrachtete. Hinter der Überschrift "Richard Wagner und Fritz Bauer" setzte ich den Zusatz "ein Versuch". Als ich den Aufsatz über den Verteiler des Fritz Bauer Freundeskreises verteilte, fand er großen Zuspruch. Ich merkte, ich hatte ein wichtiges Thema berührt. Später würden weitere Beiträge folgen. Im neuen Jahr: die Kontakte zum Fritz Bauer Institut vertiefen sich In einem Gespräch drückte Ilona Ziok daher in ihrer Kritik aus, dass es dm Institut auch weniger um Fritz Bauer ginge, als vielmehr um die Holocaust-Forschung, und es daher eigentlich "Holocaust- Forschungsinstitut" heißen müsste. Bei all ihrer - zum Teil wohl durchaus auch berechtigten Kritik - nahm ich mir aber vor, trotzdem Kontakt zum Fritz Bauer Institut aufzunehmen und darüberhinaus Mitglied des Fördervereines des Institutes zu werden. Auf mein Schreiben an das Institut kam eine kurze und freundliche Antwort von Werner Renz, einem der wissenschaftlichen Mitarbeiter des Institutes, während auf mein Schreiben an den Förderverein lange keine Antwort kam. Erst kurz vor Weihnachten erhielt ich nach Monaten eine Bestätigung der Mitgliedschaft. Ich fragte nun auch bei Herrn Renz an, ob Interesse daran bestehen würde, regelmäßige Informationen über den Freundeskreis zu bekommen. Immerhin war das Fritz Bauer Institut ein renommiertes Forschungsinstitut, während die Infos des Freundeskreises manchmal sehr unkonventionell waren und nicht den Anspruch wissenschaftlicher Forschung hatten, wenn z.B. Bezüge zwischen Fritz Bauer und Jean Ziegler oder Richard Wagner hergestellt, mit denen Bauer eigentlich nichts zu tun hatte. Oder Fritz Bauer im Verhältnis zu amnesty international und allgemeinen Menschenrechtsthemen. Aber die Antwort von Herrn Renz war sehr positiv - es bestand durchaus ein Interesse an weiteren Infos. "Thesen" zur Arbeit des Fritz Bauer Institutes Als ich mit meinem "Thesenpapier" fertig war und es der Schulleitung übergab, kam mir der Gedanke, ein ähnliches Thesenpapier für das Fritz Bauer Institut zu entwerfen, da ich mehrere Punkte gefunden hatte, die mir hinsichtlich des Umgangs mit Fritz Bauer aufgefallen waren und die meiner Meinung nach durchaus geändert werden könnten: Insgesamt listete ich etwa 10 solcher Punkte auf und schickte sie an das Fritz Bauer Institut sowie über den Verteiler des Fritz Bauer Freundeskreises, um auch eine Diskussion darüber anzuregen, wie Bauer mehr in das allgemeine Bewusstsein gelangen könnte. Eine wichtige Voraussetzung war ja, dass es auch überhaupt Texte oder Bücher von ihm gab, die öffentlich erhältlich sind. Andererseits war für mich eine Frage, wie das Institut auf eine solche Kritik, die durchaus konstruktiv gemeint war, reagieren würde. Nun erhielt ich auch einen sehr freundlichen Brief von der ersten Vorsitzenden des Fördervereins des Fritz Bauer Institutes, Brigitte Tilmann. Da das "Thesenpapier" gerade fertig geworden war, schickte ich es auch ihr zu - ohne zu wissen, wie sie darauf reagieren würde. Immerhin war Anfang Februar die Mitgliederversammlung des Fördervereines, an der ich gern teilnehmen wollte. Dort würde ich dann wohl auch weiteres erfahren, wie diese Kritik aufgenommen wurde. Aber letztlich ging es doch darum, sich auch wieder mehr der Person Fritz Bauers zuzuwenden und auf seine besonderen Verdienste aufmerksam zu machen. Auftakt zum Jahr des "Remer-Prozesses" in Braunschweig - In dem späteren Bericht über den Vortrag führte ich aus, dass dieser Vortrag eine Art Ouvertüre für das kommende "Remer und Fritz Bauer Jahr" in Braunschweig war. Dieser Vortrag setzte wichtige Zeichen. Zum einen zeigte der Vortrag durch die zahlreichen Zuhörer das große Interesse, das inzwischen in Braunschweig an Fritz Bauer bestand. Dann warb Gerd Biegel am seines Vortrages auch für eine konkrete Straßen- bzw. Platzbenennung - und wies auf den kleinen Platz vor der Generalstaatsanwaltschaft gegenüber dem Dom in der Innenstadt hin, der gut in "Fritz Bauer Platz" benannt werden könnte. Dann hätte die Generalstaatsanwaltschaft in Zukunft die Adresse "Fritz Bauer Platz 1" - sicherlich eine würdige und angemessene Adresse dieser Institution, was von dem anwesenden Generalstaatsanwalt selber begrüßt wurde. - Ein weiteres Zeichen für das besondere Interesse an Fritz Bauer war sicherlich auch, dass der Vortrag gefilmt und dann ins Internet gestellt wurde. Er ist zu sehen unter www.youtube.com/user/MrMarxismo.de . Ein ausführlicher Bericht von mir über den Vortrag erschien dann auch in der Webzeitung "braunschweig-spiegel" und erreichte so einen weiteren Kreis von Personen, insbesondere Mitglieder der Stadtverwaltung und des Rates der Stadt Braunschweig, die letztlich über eine Straßen- bzw. Platzbenennung zu entscheiden haben. Einige Tage später erschien auch in der Braunschweiger Zeitung ein ganzseitiger Artikel über den Vortrag. Etwa zwei Wochen später - am 7.Februar - sollte auch die nächste Sitzung des Bezirksrates Innenstadt stattfinden. Nun gab es seit Beginn des Jahres eine neue Regelung für Straßenbenennungen in Braunschweig, die besagte, dass jetzt jeweils der entsprechende Bezirksrat über eine Straßenbenennung zu entscheiden habe. Dieser Bezirksrat war jetzt also dafür zuständig. - Der Vortrag war somit zur rechten Zeit gekommen, um dem neuen Gremium eine weitere Entscheidungshilfe zu geben. In einem Schreiben an den Bezirksrat wies ich noch einmal auf die Initiative des Freundeskreises hin, die nun auch von zahlreichen Gruppierungen wie dem Institut für braunschweigische Regionalgeschichte, der Generalstaatsanwaltschaft, der Braunschweiger Zeitung und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit unterstützt wurde. - Allerdings gab es noch weitere Optionen für den Bezirksrat: auch der große Platz in der Innenstadt vor dem Amtsgericht kam in Frage (dort war 1932 Hitler eingebürgert worden) sowie eine kleine Passage direkt neben dem Gericht. In dem Rat sprach man sich dann doch für den Platz vor der Generalstaatsanwaltschaft aus, und einen Tag später rief mich die Bezirksbürgermeisterin Frau Werner persönlich an, um mir den Beschluss mitzuteilen. Eine Schülerarbeit über Fritz Bauer wird vorgestellt: Ein besonderer Schwerpunkt des Treffens war die Vorstellung der Schülerarbeit von Pia Kulhawy über Fritz Bauer. Als Schülerin der 12.Klasse hatte sie ein Projekt über Fritz Bauer an der renommierten IGS Franzsches Feld mit Erfolg durchgeführt. In der ganzen Oberstufe der Schule hatte sie Zettel mit Foto von Bauer und der Aufschrift verteilt "Wer war Fritz Bauer?" Überall in der Schule hingen die Zettel, in den Klassen, auf den Fluren, auf den Toiletten, im Lehrerzimmer - und auf dem Schulhof war mit bunter Kreide riesengroß der Name "Fritz Bauer" geschrieben. Niemand in der Schule konnte ihn also übersehen, weder Schüler noch Lehrer. Später machte sie Auswertungen darüber, und tatsächlich hatten sich jetzt viele Schüler und auch ganze Klassen mit Fritz Bauer beschäftigt. Anfangs kannte ihn - außer einigen Geschichtslehrern - niemand. Das Projekt war so aufwändig gewesen, dass sie die Arbeit nur handschriftlich einreichen konnte. Ich bot ihr an, die Unterlagen mitzunehmen und hinsichtlich einer Präsentation zu überarbeiten. Das Ergebnis war famos und wurde später auch dem Verband deutscher Geschichtslehrer zur Verfügung gestellt. (9) Darüberhinaus wurde die Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Schillstraße angesprochen und auf den Braunschweiger Schauspieler Gilbert Holzgang hingewiesen, der schon 2002 ein Theaterstück zu Fritz Bauer geschrieben hatte und unter gewissen Umständen wieder bereit war, das Stück wieder aufzuführen. (10) Von Gerd Wysocki wurde die Gedenkstätte in Wolfenbüttel erwähnt und auf den dortigen Konflikt zwischen Helmut Kramer und dem Gedenkstättenleiter Wilfried Knauer hingewiesen. Vielleicht könnte man dort vermittelnd eingreifen. Die Gedenkstätte in Wolfenbüttel war schon eine besondere Gedenkstätte, die zusammen mit der Gedenkstätte in Bergen-Belsen eingerichtet worden war und eine wichtige Hinrichtungsstätte für Todeskandidaten im 3.Reich gewesen war. Auch eine Tafel zu Fritz Bauer war dort angebracht. - Es wurde vereinbart, Helmut Kramer einmal einzuladen, um mehr über den Konflikt zu erfahren. Weiter wies ich auf die Mitgliederversammlung des Fördervereins des Fritz Bauer Institutes hin, die am kommenden Samstag (4.2.) in Frankfurt stattfinden und dass ich voraussichtlich daran teilnehmen würde, was allgemein begrüßt wurde. Hansi Volkmann vom DGB äußerte den Gedanken, man könne auch Vertreter des Institutes zur Tagung und zur Ausstellung einladen. Das war neu, denn bisher wurde die Tagung als rein regionale Angelegenheit betrachtet. Obwohl die Aktivitäten gerade des Freundeskreises auch über Braunschweig hinaus stärker wahrgenommen wurden, gab es doch hier immer wieder Bestrebungen, die Angelegenheiten um Fritz Bauer auf die Straßenbenennung und Braunschweig zu begrenzen. Das war aber ganz sicher nicht mein Anliegen, da Fritz Bauer für mich ein überregionaler Menschenrechtsimpuls war, der eigentlich unabhängig von dieser Stadt war. Wichtig war, dass dieser Impuls durch Fritz Bauer in Braunschweig erstmals sichtbar in Erscheinung getreten war. (11) Eine Tagung von amnesty international und das Theaterstück "Die Welle" In der Waldorfschule selber gab es eine Ausstellung über jüdische Kultur und den Holocaust. Sie war gut gemacht, aber der Auschwitz-Prozess oder gar Fritz Bauer wurden nicht erwähnt. Am Abend des 28.01. sollte in der Aula der Waldorfschule eine Schüleraufführung der 12.Klasse mit dem Stück "Die Welle" stattfinden. Ich hatte mir vorgenommen, dieses Stück unbedingt anzusehen. "Die Welle" ist in Schüler- und Lehrerkreisen ein bekanntes Stück, geht es doch darum, wie faschistische Strukturen entstehen können. Das Stück spielt in den USA, im Mittelpunkt steht ein Geschichtslehrer, der in einer Klasse das Thema "Hitler und der Nationalsozialismus" behandelt und die Schüler zunächst eher gelangweilt darauf reagieren. Es sei doch Geschichte und was in Deutschland passiert sei, könne hier nicht wieder geschehen. - Daraufhin beschloss der Lehrer, ein Experiment durchzuführen: Die Schüler sollten eine eigene Gruppe bilden, mit eigenen Symbolen und einer bestimmten Disziplin. Plötzlich verbesserten sich die Leistungen im Unterricht; die Maßnahmen wurden auf den Sport ausgedehnt und auch dort stellten sich schon bald größere Erfolge ein, zum Beispiel beim Basketball. Schüler, die nicht mitmachten, wurden ausgegrenzt. Und langsam begann das Experiment, sich zu verselbständigen. Die Schüler wurden extremer, fanatischer und erfolgreicher - und sie begannen, sich persönlich zu verändern. Nachher gelang es dem Lehrer kaum noch, das Experiment zu stoppen. Im amnesty-Bereich wird auf ein ähnliches Experiment immer wieder hingewiesen, wenn es um den Bereich Folter geht: das Milgram-Experiment. Der amerikanische Wissenschaftler Milgram untersuchte in den 50er Jahren Studenten und testete, wieweit sie unter bestimmten Umständen bereit wären zu foltern. Auf Knopfdruck konnten die Studenten Elektroschocks abgeben, und man hörte jeweils die Schmerzensschreie der Opfer. Milgram zeigte, dass die Studenten unter bestimmten Umständen bereit waren, die Stärke der Elektroschocks zu erhöhen. Auf Ähnliches weist Harald Welzer in seinem Buch "Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden" hin (12). Er untersucht dabei zahlreiche Biographien von Tätern im 3.Reich, die vor der NS-Zeit und auch später ganz "normale" Bürger und Familienväter waren, die im allgemeinen auch nicht weiter auffällig waren. Erst durch bestimmte Bedingungen änderte sich das Verhalten und ließ eine Bereitschaft zum Töten und Foltern entstehen. Nur vielleicht etwa 10% der SA- und SS-Angehörigen seien wirkliche Sadisten gewesen; eine Mehrheit hätte eher ein normales Leben geführt. Das Stück "Die Welle" war von den Schülern sehr engagiert aufgeführt worden, und man spürte, dass auch bei ihnen eine aktive Auseinandersetzung mit der NS-Zeit erfolgt war. Ich fand es schade, dass wohl keiner der Schüler Fritz Bauer kannte. Nun, in einer Woche könnte sich das geändert haben, denn ich hatte mich vor einiger Zeit an Jens Heisterkamp gewandt, der die Zeitschrift Info3 herausgab und ihn auf Fritz Bauer hingewiesen. Die Info3 ist eine alternative anthroposophische Zeitschrift, die in Waldorfkreisen im deutschsprachigen Raum sehr verbreitet ist und viel gelesen wird. Die Redaktion sitzt in Frankfurt. Außer typisch anthroposophischen Themen werden auch gesellschafts- und kulturkritische Themen behandelt. Jens Heisterkamp schrieb mir, dass er zwar den Namen des Fritz Bauer Institutes schon gehört habe, aber weiter damit nichts verbinden könne, obwohl er doch in Frankfurt wohne. Er fand den Hinweis auf Fritz Baur sehr interessant und fragte mich, ob ich nicht einen kleinen Text für die Zeitschrift schreiben könne. Ich sagte zu, und der Text über Bauer erschien dann in der Februar-Ausgabe ganzseitig unter der Überschrift "Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich Feindesland". (13) Ich denke, dass jetzt immerhin in Waldorfkreisen etwas mit der Person von Bauer verbunden werden kann. Vielleicht erfahren es auch so einige Schüler der hannoverschen Waldorfschule, das wäre sehr erfreulich.
Mitgliederversammlung des Fördervereins des Fritz Bauer Institutes Die Mitgliederversammlung fand in einem großen Saal in der Nähe des Haupteinganges statt. Zunächst war ich Brigitte Tilmann begegnet, der Vorsitzenden des Fördervereines, die mich freundlich begrüßte. Auch sie freute sich über die Begegnung und äußerte den Wunsch, einmal nach Braunschweig zu kommen, um den "Freundeskreis" kennenzulernen. Bei der Eröffnung der Mitgliederversammlung begrüßte sie zunächst einige offizielle Vertreter der Stadt und Raphael Gross, den Leiter des Fritz Bauer Institutes, und wies dann in besonderer Weise auf den "Freundeskreis" und auf mich als den Vertreter des "Freundeskreises" in Braunschweig hin. Ich denke, es wird auch weiterhin ein guter Kontakt sein, und dass man sich gegenseitig unterstützen wird. Es war ein informatives Treffen, bei dem natürlich die Aktivitäten des Fördervereins vorgestellt wurden. Dies waren in erster Linie einige Vorträge und die Initiative, eine Gedenktafel für Fritz Bauer im Gerichtsviertel von Frankfurt aufzustellen. Anschließend berichtete Raphael Gross über die Aktivitäten des Fritz Bauer Institutes. Nach einer kleinen Pause gab es einen interessanten Vortrag über das neue Hörbuch zu Eichmann. - In der Pause nutzte ich die Gelegenheit, verschiedene Personen des Institutes kennenzulernen, darunter auch Raphael Gross. Es war mir ein Anliegen, auch über den Film von Ilona Ziok zu sprechen. Er bedauerte, dass es hier einige Irritationen und Missverständnisse gäbe, und hoffte, dass man diese bald ausräumen könne. Anschließend ergab sich noch ein kleines Gespräch mit Werner Renz, der die Aktivitäten des "Freundeskreises" in Braunschweig mit Interesse verfolgte und verschiedene Aufsätze zu Fritz Bauer und dem Auschwitz-Prozess geschrieben hatte. Sehr freundlich verlief auch ein Gespräch mit Eike Hennig vom Vorstand des Fördervereins. Dann sprach mich ein älterer Herr aus dem Vorstand an. Es war Diether Hoffmann, der 1969 als Vertreter der SPD und des ASJ (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen) eine der Trauerreden zum Tode Fritz Bauers gehalten. Er hatte Bauer noch persönlich gekannt und ihn sehr geschätzt. Er bot an, mir seine Rede von damals zuzusenden. Das Angebot nahm ich gern an - es war wieder ein kleines Teil in dem großen Mosaik zu Fritz Bauer, das man nur mühsam und manchmal per Zufall fand. - Eike Hennig gegenüber hatte ich noch erwähnt dass ich gerade an einem Text über "Fritz Bauer im Zeitalter von Wikileaks" schreibe. Er musste schmunzeln und meinte, er würde die Informationen des Freundeskreises, die per Mail kommen, sehr gern lesen, insbesondere die Anhänge... Solche Rückmeldungen sind schon sehr angenehm.
Fritz Bauer im Zeitalter von Wikileaks Das Symposium und auch die Stellungnahme von Bauer sind interessant und im Grunde hochaktuell. Bei der "Spiegelaffäre" selber ging es zunächst um die Veröffentlichung von Dokumenten zur Frage der Verteidigungsbereitschaft der Bundesrepublik und damit um die Frage des Landesverrates. Dabei wurde auch an die "Ossietzky-Affäre" und den "Weltbühne-Prozess" von 1931 erinnert. Wie würde nun die Bundesrepublik mit der Frage der Meinungs- und Pressefreiheit umgehen? Dies war sicherlich auch ein Thema für amnesty international. Es ist interessant, dass Fritz Bauer auch in dieser Gründungsphase von amnesty angesprochen und eingeladen wurde und somit auch schon in dieser Zeit amnesty international kannte. (14) In seiner Stellungnahme bezog er sich auf die Frage des Landesverrates, die heute wieder im Zusammenhang mit Wikileaks aktuell ist. Auch dieser Internetplattform wurde Landesverrat vorgeworfen - nun bezogen auf das neue Medium Internet. Die Stellungnahme von Fritz Bauer würde auch für diesen neuen Fall von Bedeutung sein und damit heute noch ein wesentlicher Maßstab zur Beurteilung sein können. Die Frage der Straßenbenennungen Ich überlegte, an wen ich mich in Berlin wenden könnte, um eine dortige Straßenbenennung anzuregen: an die Zeitung, an Abgeordnete, an die Stadt? Vielleicht würden die meisten Fitz Bauer nicht einmal dem Namen nach kennen. Schließlich fiel mir Lea Rosh. Sie hatte immerhin die Initiative für die Holocaust- Gedenkstätte mit angeregt. Ich schrieb ihr also einen Brief und fügte einige Unterlagen des "Freundeskreises" hinzu. Gleichzeitig schrieb ich auch an Ilona Ziok in Berlin und teilte ihr meine Gedanken mit. Einige Zeit später erhielt ich zwei wunderschöne Antworten, auch mit verschiedenen Hinweisen. Lea Rosh rief persönlich an, dass sie eine solche Initiative sehr begrüßen und auch unterstützen würde. Sie kannte natürlich Fritz Bauer und schätzte ihn sehr. Und Ilona Ziok antwortete mit einem sehr treffenden Hinweis: Es gäbe in Berlin eine Treitschke- Straße, und die könnte doch umbenannt werden. Ich fing an zu recherchieren und begann mich zu wundern. Tatsächlich gab es in Steglitz eine Treitschkestraße und dort eine lange Auseinandersetzung wegen einer Umbenennung. Schließlich wurde ein Teil dieser Straße abgetrennt und erhielt einen anderen Namen. An dem verbleibenden Teil der Treitschkestraße wurde eine Tafel mit weiteren Informationen über Treitschke aufgestellt. Diese Lösung erschien mir problematisch. Immerhin ist Treitschke einer der wesentlichen Vertreter des modernen Antisemitismus. Im Antisemitismusstreit von 1879-81 wurde er von dem liberalen Historiker Theodor Mommsen als der "Vater des modernen Antisemitismus" bezeichnet. Und eine solche Person würde durch eine Straße und eine zusätzliche Tafel noch geehrt. Vertreter von FDP, CDU und auch den Grünen konnten sich nicht zu einer völligen Umbenennung entschließen. Hier kommt zum Ausdruck, wie wenig Problembewusstsein bei diesen Volksvertretern vorhanden ist. Vielleicht werden sie es sich in Steglitz noch einmal anders überlegen. Aber auch in anderen Städten wie in München, Essen, Hannover, Karlsruhe und Heidelberg gibt es Treitschkestraßen. In Heidelberg ist sie inzwischen umbenannt, in München wurde es diskutiert. In Hannover, Essen und Karlsruhe scheint man sich noch gar nichts dabei zu denken. Sind es hier fehlende Geschichtskenntnisse, dass es wohl nicht einmal ein Problembewusstsein gibt? Vielleicht kann man später einmal auch in diesen Städten einmal nachfragen, ob es Umbenennungen geben könnte. Zunächst aber würde die Frage einmal nach Berlin gehen. Im Grunde steht dahinter auch eine andere Frage, nämlich wie die Stadt mit ihrer antisemitischen Geschichte umgeht. Gedenkstätten - heute nur noch Stätten der Beschaulichkeit? Auf die Bitte von Helmut Kramer hin begann ich etwas nachzuforschen. Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel war schon deshalb ungewöhnlich, weil hier in der NS-Zeit sehr viele Hinrichtungen stattgefunden hatten. Nach den Bombardierungen waren die Gefängnisse in Hamburg, Köln und Frankfurt stark getroffen worden und viele der dort inhaftierten Todeskandidaten kamen nach Wolfenbüttel. Dort wurden sie mit einer Guillotine hingerichtet, zeitweise mehrere Personen in kurzen Anständen hintereinander. Helmut Kramer hatte sich später für die Einrichtung einer Gedenkstätte eingesetzt - inzwischen gab es aber mit dem neuen Leiter größere Konflikte, insbesondere auch in Hinblick auf ein "Täterkonzept". Nun ergab es sich, dass gerade in dieser Zeit in Hannover eine Gedenkstätten-Tagung stattfinden sollte, an der auch das Fritz-Bauer-Institut beteiligt war. Es war daher naheliegend, an dieser Tagung - auch als Neuling - teilzunehmen. Die Tagung fand am 1./ 2. März im Haus der Region Hannover statt. Im Mittelpunkt stand die neue Gedenkstätte in Hannover-Ahlem, für die das neue Konzept vorgestellt wurde. Es waren viele Menschen - weit über 100 Personen - gekommen. Insgesamt war ich sehr enttäuscht über die Veranstaltung - sie stimmte mich auch nachdenklich. Gedenkstätten schienen inzwischen "in" zu sein, und nun hat auch Hannover eine eigene Gedenkstätte. An Stellwänden an der Seite hingen die Pläne für das Gebäude der neuen Gedenkstätte. - Es kam mir vor, als würde es um neue Konzertsäle gehen. Und heute geht man eben auch in eine Gedenkstätte, wie man am nächsten Tag in ein Konzert geht. Man gedenkt, man erinnert sich, ist vielleicht auch ehrfürchtig angesichts der schrecklichen Geschehnisse - wie in einer Kirche. Und dann? Es scheint eine Erinnerungskultur entstanden zu sein, die das geschichtlich Böse und Schreckliche abtrennt von der Gegenwart. Diese Erinnerungskultur wird immer mehr Bestandteil des deutschen Selbstverständnisses - aber oft genug scheint es auch abgetrennt zu sein von der Wahrnehmung aktueller gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Fritz Bauer droht die Gefahr, dass ihm Ähnliches widerfährt: dass man sich noch - wenigstens ab und zu - an ihn erinnert als einen bedeutenden und engagierten Generalstaatsanwalt. Aber der aktuelle Bezug wird gar nicht mehr hergestellt. So werden Menschen "abgelegt" und Gedenkstätten werden zu "kulturellen Stätten", in denen die Geschichte beerdigt wird. Der heutige Mensch hat damit nichts mehr zu tun, die alte Zeit ist überwunden. Diese Entwicklung erscheint mir bedrohlich zu sein, so kann nicht aus der Geschichte gelernt werden. Auch heute noch wird gefoltert, getötet, unterdrückt - Menschen werden ins Elend oder ins Nichts angeschoben, nachts abgeholt. Vieles ist wenigstens in Deutschland besser geworden, aber unterschwellig gibt es noch große Gefahren, sei es der Antisemitismus, sei es der Rechtsradikalismus u.a. Gedenkstätten haben hier eigentlich große Aufgaben. Nicht nur um zu erinnern, sondern sich auch da einzubringen, wo Menschenrechte, Menschenwürde in Gefahr sind. Vielleicht gelingt es doch noch, diesen wichtigen Schritt zu machen, hier Impulse zu setzen.- Bei der Tagung lernte ich auch Gottfried Kößler vom Fritz Bauer Institut kennen, der die Podiumsdiskussion moderierte, an der u.a. auch Habbo Knoch, der Leiter der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, und der Historiker Norbert Frei teilnahmen. Mit Gottfried Kößler ergab sich ein freundliches und informatives Gespräch - wir werden in Verbindung bleiben. Und Norbert Frei wies ich auf unseren "Fritz Bauer Freundeskreis" hin. Er zeigte sich sehr interessiert - er war auch an der Gründung des Fritz Bauer Institutes in den 90iger Jahren beteiligt gewesen - und äußerte den Wunsch, weiterhin "gelegentlich" über die Aktivitäten des "Freundeskreises" informiert zu werden. Das ist natürlich erfreulich, ist Norbert Frei doch einer der wichtigen deutschen Historiker der Gegenwart. Sein Buch "Vergangenheitspolitik" ist ein Klassiker in Bezug auf die mehr oder eher weniger erfolgte Vergangenheitsbewältigung der Deutschen nach 1945. Sein Beitrag aud der Gedenkstätten-Tagung über die verschiedenen Phasen der Aufarbeitung der NS-Zeit bis in die Gegenwart hinein war sicher einer der Höhepunkte der Tagung. Den Konflikt aber um die Gedenkstätte Wolfenbüttel werde ich weiter verfolgen. Es ist bedauerlich und nicht im Sinne der Sache, wenn es hier nicht zu einer Einigung kommt.
Die 3.Internationale Tagung in Schloss Hartheim über die "Biologisierung des Sozialen" am 9./10.März Ich hatte Schloss Hartheim schon im Jahr 2002 kennen gelernt, als dort eine Tagung des Arbeitskreis zur "Erforschung der NS-'Euthanasie' und Zwangssterilisation" stattfand.. Inzwischen ist aus dieser Stätte ein beachtlicher Lern- und Gedenkort geworden. Die Tagung versprach interessant zu werden. Insgesamt waren die Beiträge m.E. eher enttäuschend. Nur der erste Vortrag war interessant. Er gab einen Überblick über die Eugenik in den USA in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts. Dort wurden noch nach 1945 Zwangssterilisationen durchgeführt. Ein tiefer Eindruck von der Tagung blieb doch zurück. Es war schon enorm, wie eugenische Vorstellungen in ganz Europa und Nordamerika verbreitet war, immer auch verbunden mit konkreten Maßnahmen zur Zwangssterilisation, selbst in Ländern wie USA und Schweden. Deutschland war hier also keine Ausnahme, wenn auch die konkrete Durchführung in der NS-Zeit eskalierte. Die eugenischen Vorstellungen waren jeweils eng gekoppelt mit Bevölkerungsprognosen, wonach die sogenannt "Schlechteren" immer mehr Kinder bekommen und die "Guten" immer weniger, so dass die Gesellschaft immer mehr bedroht sei. Letztlich aber trafen diese Bevölkerungsprognosen, die oft über große Zeiträume entworfen waren, nicht zu. In diesem Zusammenhang wurde auch das Buch von Sarrazin "Deutschland schafft sich ab" erwähnt. - Weitere Fragen, z.B. in Hinblick auf eine neue Eugenik durch Genforschung, wurden nicht behandelt. Während der Tagung übernachtete ich in Linz, das etwa 20 km von Hartheim entfernt ist. So bekam ich auch einen kleinen Eindruck von dieser schönen Stadt an der Donau, in der Hitler aufgewachsen ist. In Braunau, das etwa 80 km in nördlicher Richtung liegt, war er nur geboren worden und hatte dort die ersten zwei Jahre gelebt. Linz hat Hitler sehr geprägt, bis er später nach Wien gegangen ist. Am Ende der Tagung hatte ich noch eine freie Journalistin aus Wien, Margarete Endl, kennengelernt, die in der Nähe von Braunau geboren und aufgewachsen ist. Sie erzählte, wie sehr Braunau unter diesem Image leidet. Es sei eine sehr schöne kleine Stadt, aber durch die Geburt Hitlers habe sie einen Stempel erhalten, in christlicher Terminologie erscheine es heute als Geburtsort des Antichristen, eine Art Gegensatz zu Bethlehem, dem Geburtsort von Jesus Christus. Am Samstagabend ging es mit dem Nachtzug zurück nach Braunschweig. Es passte gut, der Zug aus Wien hielt um 22 Uhr in Linz und fuhr dann über Hannover weiter nach Hamburg. Ich hatte einen Platz im Schlafwagen bestellt und kam so ausgeruht und ausgeschlafen morgens um 6 Uhr in Hannover an. Von da ging es mit einem Regionalzug nach Braunschweig weiter.- Noch am selben Tag fand am Nachmittag in Braunschweig die Bezirksversammlung von amnesty international statt, auf der ich einen Bericht über die Burundi-Reise geben sollte. Es war wie ein Eintauchen in eine ganz andere Welt, die wirklich nichts mit Bauer zu tun hatte. Oder doch? Der Völkermord in Ruanda, dem Nachbarland von Burundi, und die Massaker in den 90iger Jahren in Burundi sind dort noch gegenwärtig. Das Tribunal zu Ruanda war eines der neuen Versuche, vergangenes Unrecht zu behandeln und - soweit es möglich ist - eine Versöhnung herzustellen. Mit dem Buch "Die Kriegsverbrecher vor Gericht" von 1944 hat Bauer einen wichtigen Beitrag geleistet, dass solche Prozesse heute durchgeführt werden. |