Zur Überreichung des Ignatz Bubis - Preises 2013
an das Fritz Bauer Institut

am Donnerstag, den 2.Mai 2013, 15 Uhr
in der Paulskirche in Frankfurt am Main

 

Die Veranstaltung fand in einem prominenten Rahmen statt. Zahlreiche Gäste waren gekommen, darunter Jörg-Uwe Hahn (hessischer Justizminister), Herr von Schoeler und Frau Roth (OBs in Frankfurt von 1991-95 und 1995-2012), Frau Bubis (die Ehefrau von Ignatz Bubis) und andere. Auch andere bekannte Persönlichkeiten wie Michel Friedmann waren zu sehen.

Musikalische Eröffnung/ Begrüßung
Nach einer musikalischen Einleitung durch Roland Horn (Mitglied des Orchesters der Oper Frankfurt) auf dem Cello mit Stücken von Bach (Suite Nr.2 in d-Moll, Praeludium, Gigue) wurde die Feier durch Oberbürgermeister Peter Feldmann eröffnet.

Peter Feldmann ging in seiner Rede zunächst auf Ignatz Bubis ein und drückte aus, dass dieser am Lebensende fast das Gefühl hatte, nichts bewegt zu haben, obwohl er sich immer wieder für Toleranz und Verständnis eingesetzt hatte
Dann würdigte Feldmann auch Fritz Bauer. Dieser war nicht erst nach dem Krieg aktiv gewesen, sondern hatte sich schon in der Weimarer Zeit für die erste deutsche Demokratie eingesetzt. Dafür war er argwöhnisch betrachtet worden. Später bei dem Auschwitz-Prozess prägte er den Satz "Gerichtstag halten über uns selbst" und setzte sich entschieden für die Aufarbeitung der NS-Verbrechen ein.

Im weiteren drückte Feldmann seine Freude aus, dass es das Fritz Bauer Institut in Frankfurt gibt. Er begrüßte den anwesenden Gründungsdirektor des Institutes, Hanno Loewy, wie auch Micha Brumlik, den späteren Direktor des Institutes. Das war zur Zeit der Auschwitz-Ausstellung (2004) gewesen.
Fritz Bauer sei ein Störer gewesen, und so sei auch das Fritz Bauer Institut ein Störer gemütlicher Geschichtsschreibung. Es war Anfang der 90iger Jahre von seinen Vorgängern, den ehemaligen Oberbürgermeistern Volker Hauff (1989-91) und Peter von Schoeler (1991-95) auf den Weg gebracht worden. Sehr gut sei auch immer die Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum in Frankfurt gewesen. - Feldmann zitierte aus einem Brief von Bauer, dass es ihm nicht nur um Vergangenheit gehe. So sei auch der Blick des Institutes nach vorn gerichtet, auch wenn es um die Aufarbeitung der Vergangenheit bzw. von vergangenen Verbrechen aus der NS-Zeit ginge.

Laudatio
Professor Dr. Dan Diner
Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur
Universität Leipzig

Dan Diner ist einer der bedeutendsten deutsch-jüdischen Historiker der Gegenwart. Er lehrt am Simon- Dubnow- Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig und hat eine weitere Professur an der Hebrew University in Jerusalem. Darüber hinaus ist er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Fritz Bauer Institutes.

Diner beschrieb das Fritz Bauer Institut als eine Art "institutionalisierte Konstellation" der Frankfurter Geschichte und insbesondere der Frankfurter jüdischen Geschichte.
In seiner Rede ging Diner auf die beiden Persönlichkeiten von Bubis und Bauer ein, die zu dieser Frankfurter Geschichte gehörten. Zwischen beiden gab es kein direktes Treffen - es bestand eine "Ungleichzeitigkeit". Für beide war jedoch der Holocaust ein "Schlüsselerlebnis" gewesen.
Fritz Bauer sei in Frankfurt ein "personifiziertes Weimar" gewesen. Dann war er politischer Häftling, schließlich rassisch Verfolgter. Nach dem Krieg hatte er das Andenken der Männer des 20.Juli verteidigt. Sein beruflicher und persönlicher Erfolg sei aber der Auschwitz-Prozess gewesen, für den er Initiator war. Wichtig war auch sein Beitrag zur Strafrechtsreform.

Bubis lebte im Verhältnis zu Bauer "generations-" und "herkunftsverschoben". Nach dem Krieg war er die überragende jüdische Persönlichkeit in Deutschland gewesen. Er sorgte für den Durchbruch des öffentlichen Gedenkens, für das jüdische Gedächtnis.
Es gab einige einschneidende Zeitpunkte für Bubis. Ein wichtiges Ereignis im Jahr 1985 die  Verhinderung der Aufführung des Faßbinder- Stückes "Der Müll, die Stadt und der Tod". Dabei war 1986 auch eine Besetzung der Bühne erfolgt. Bis dahin hatten Juden die öffentliche Bühne gescheut, durch das Stück traten sie an die Öffentlichkeit. Es war eine Art "Integration durch Protest".
1989/ 90 kam die Wende, und in den kommenden Jahren wurde Bubis zur Ikone. Schließlich kam es 1998 zur Rede von Martin Walser mit der "Auschwitzkeule". Die 12 Jahre von 1986 bis zur Walser-Rede 1998 seien wichtige Jahre gewesen.
Heute bei der Preisverleihung würden sich Bubis und Fritz Bauer wieder treffen bzw. ihr jeweiliges Vermächtnis. Das Fritz Bauer Institut sei ein Resultat dieser historischen Ereignisse gewesen, dafür sei es eine Art Gefäß. - Außer dem Institut gäbe es weitere wichtige Einrichtungen in Frankfurt: die Universität, das Sigmund Freud Institut, die "Schwarze Reihe" im S.Fischer Verlag - alles das sei Humus für das Institut gewesen.

Dan Diner ging auf die Vorgeschichte des Instituts ein. Eine erste Initiative war 1989 durch den damaligen Frankfurter Oberbürgermeister Volker Hauff entstanden. Dann hatte es zahlreiche es zahlreiche Veranstaltungen und Ausstellungen gegeben, u.a. zum Ghetto Lodsch. - 1995 war die Gründung des Instituts erfolgt; es war die Zeit, als die "Gedächtnisgeschichte des Holocausts" tief in die Gesellschaft eindrang. Der Holocaust kam letztlich erst spät in das öffentliche Bewusstsein, eigentlich erst in den 90iger Jahren. Bewirkt wurde er wesentlich durch den Film "Holocaust" im Jahre 1978. Nicht der Auschwitz-Prozess hatte es bewirken können. Es gab eine "Neutralisierung" des Gedächtnisses, und in den 50iger Jahren war schon ein Zurücktreten des Holocausts im öffentlichen Bewusstsein erfolgt. Ein wichtiger Grund dafür war u.a. der Kalte Krieg, und es hatte sich eine soziale Semantik der Verdrängung entwickelt. Der Holocaust lag damals jenseits des Vorstellbaren - vor allem auch aus der Sicht der Opfer. Auch das mag eine Schranke gewesen sein.

Heute ginge es nicht nur um ein historisches Wissen. Auch ein moralisches Urteil sei wichtig. Das sei die Aufgabe des Fritz Bauer Institutes als ein "institutionalisiertes Gefäß verarbeiteter Erinnerung".

Überreichung des Preises
an Professor Dr. Raphael Gross, Direktor des Fritz Bauer Institut

 Dankesworte
Professor Dr. Raphael Gross, Direktor des Fritz Bauer Instituts
In seiner Dankesrede dankte Raphael Gross seinen Vorgängern im Amt des Direktors des Fritz Bauer Institutes wie Hanno Loewy, Micha Brumlik und Herrn Schneider für ihre Verdienste um das Institut und wies darauf hin, dass das Preisgeld für die Fritz Bauer Ausstellung verwendet wird, die z.Z. in Arbeit ist.

Als er vor sechs Jahren nach Frankfurt gekommen sei, habe es auch gerade eine Ausstellung über Bubis gegeben, die für ihn sehr wichtig gewesen sei. Dann habe er seine Tätigkeit als Direktor des Fritz Bauer Institutes aufgenommen. Seine Absicht war damals gewesen, das Institut eng an das Jüdische Museum zu koppeln. Das wurde stark kritisiert. Jetzt aber zeige es sich allerdings, wie erfolgreich das Vorhaben war.

Im weiteren schilderte Gross persönliche Eindrücke aus Frankfurt. Wenn er mit seinem Fahrrad hier unterwegs sei, komme er oft an der Ludwig-Landmann-Straße vorbei. Das hatte ihn dann beschäftigt. Landmann sei der erste jüdische Oberbürgermeister Frankfurts gewesen. Seine Tätigkeit beruhte nicht auf seiner Herkunft, sondern auf Leistung. Die Geschichte von ihm endete abrupt im Jahr 1933.
Landmann gehöre wie Fritz Bauer oder der Jurist Kelsen auch zu der Gruppe der "nichtjüdischen Juden". 1933 sei Landmann nach Berlin gegangen und von dort 1939 emigriert. 1941 sei ihm die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen worden. Er starb schließlich 1945.

Abschluss der Veranstaltung
Zum Ende der Veranstaltung gab es einen musikalischen Ausklang mit Roland Horn am Cello. Es wurde das Stück "Suite Nr.3 in C-Dur" von J.S.Bach (Praeludium, Bourée) gespielt.

U.D. (Mai 2013)

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