Forum Bioethik |
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 9.11.2001
Erlaubt? Ja, aber ...
Enquete-Bericht zur Stammzellenforschung bleibt zurückhaltend
Markus Feldenkirchen
Die Enquete-Kommission des Bundestages wird keine klare Empfehlung
abgeben, wie das Parlament über den Import von embryonalen Stammzellen
(ES-Zellen) nach Deutschland entscheiden soll. Im Bericht der Kommission
werden dagegen verschiedene Positionen dargestellt, die das kontroverse
Meinungsbild im Parlament widerspiegeln. Trotz des vorsichtig formulierten
Entwurfes, der dem Tagesspiegel vorliegt, zeichnet sich nach Angaben von
Enquete-Mitgliedern eine Mehrheitsposition ab, wonach der Import der ES-Zellen
weiter erlaubt bleiben, aber an strenge Bedingungen geknüpft werden
soll.
Der Bericht macht hierzu Vorschläge: So müsse zumindest der
Nachweis
erbracht werden, dass die importierten Zellen in jedem Fall
überzähligen, also dauerhaft verwaisten Embryonen entnommen
wurden und
nicht von Embryonen stammen, die eigens zu Forschungszwecken
hergestellt
wurden. Auch müsse eine Einwilligung der Eltern vorliegen.
Ferner
sollten nur Stammzelllinien importiert werden, die vor einem
bestimmten
Stichtag erzeugt wurden. Ihre Arbeit mit den Zellen müssten
die Forscher
dokumentieren und publizieren. Einen ähnlichen Kriterienkatalog
favorisiert dem Vernehmen nach auch Forschungsministerin Bulmahn
(SPD).
Ein wichtiges Argument für diesen Weg sieht die Kommission
darin, dass durch den Import bereits im Ausland
vorhandener Stammzelllinien die
Tötung weiterer Embryonen im In- und Ausland verhindert
würde. Am
kommenden Montag will die Kommission eine abschließende
Stellungnahme
formulieren. Auch diese wird eher die unterschiedlichen Positionen
abwägen, statt bei der Importfrage oder beim Umgang mit
den überzähligen
Embryonen in Deutschland einen konkreten Weg vorzuschlagen. Der
Bundestag sollte ursprünglich Anfang Dezember über
die Importfrage
beraten, da die Deutsche Forschungsgemeinschaft am 7. Dezember
über
einen Förderantrag des Bonner Gehirnforschers Oliver Brüstle
entscheiden
will. Die Entscheidung wird voraussichtlich erneut auf Ende Januar
verschoben, weil der Bundestag mehr Zeit für die Beratung
verlangt. Der
Bericht der Enquete-Kommission, wie die ausstehende Empfehlung
des
Nationalen Ethikrats, soll den Abgeordneten bei ihrer Entscheidung
als
Grundlage dienen.
Deutlicher wird der Kommissionsbericht bei anderen Aspekten der
Stammzell-Forschung: Die verbrauchende Embryonenforschung, bei
der
Eizellen eigens zu Forschungszwecken hergestellt werden, lehnt
das
Gremium ab. Ebenso das in England erlaubte therapeutische Klonen,
bei
dem Embryos aus eigenem Erbmaterial erzeugt werden, um daraus
ES-Zellen
zum Gewebe- oder Organersatz zu gewinnen. Einzig die Entnahme
von
ES-Zellen aus überzähligen, verwaisten Embryonen wird
von der Kommission
als Möglichkeit diskutiert. In Deutschland existierten nach
Angaben des
Berichts Anfang 2001 insgesamt 15 dieser überzähligen
Embryonen. Für den
Umgang mit ihnen werden lediglich die unterschiedlichen Positionen
dargestellt. Die Kommission warnt jedoch davor, dass eine Lockerung
des
Forschungsverbots an menschlichen Embryonen die gesamte künstliche
Fortpflanzung in Verdacht ziehen könne: Dass sie nicht nur
den Paaren
bei ihrem Kinderwunsch helfen solle, sondern auch "Material für
wissenschaftliche Zwecke "produziere. "Es könne sich ein
Dammbruch
ereignen, der den Embryonenschutz insgesamt aushöhlt", heißt
es im
Bericht.
Information von Hubert Hüppe schrieb:
http://www2.tagesspiegel.de/archiv/2001/11/08/ak-po-in-559255.html
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