Forum Bioethik

Texte: in deutscher Sprache

Text 1
Der AStA der TU Braunschweig protestiert gegen ein geplantes Singer-Seminar
Folgender Text ist ein Flugblatt des Asta der TU Braunschweig, mit dem gegen ein Seminar über den australischen Philosophen Peter Singer protestiert wurde. Es war der Anlaß für eine Reihe von Gegenveranstaltungen sowie dem "Braunschweiger Appell gegen das Töten", der von verschiedenen heilpädagogischen Einrichtungen in Braunschweig veranlaßt wurde.
Das Flugblatt gibt in seiner sehr deutlichen Weise einen guten Eindruck davon, was durch extreme Anschauungen in der Bioethik an Gefahren für stark Behinderte
und später auch für andere Randgruppen entstehen kann:
Datum: 09.10.1997
 
 

Denker, die die Welt nicht braucht

Der AStA der TU Braunschweig protestiert gegen ein geplantes 'Singer-Seminar' am 'Philosophischen Institut' der TU BS. Singer, "die Symbolfigur neuerlicher Euthanasie-Forderungen" (Ernst Klee), dient auch an der TU BS als Ideengeber innerhalb einer sich dynamisierenden europäischen Bio-Ethikdebatte.

In diesem Semester soll ab dem 15.10.97 jeden Mittwoch von 15. bis 16.30 Uhr an der TU Braunschweig am Seminar für Philosophie ein Proseminar 'Peter Singer - sein Standpunkt und dessen Rezeption in Deutschland' geleitet von Herrn Buschlinger, stattfinden. In der Seminarankündigung heißt es u.a.: "Singer ist eine Streitfigur, vor allem in Deutschland. Immer noch werden seine Vorträge boykottiert, immer noch wirft man ihm vor, er leiste neofaschistischen Strömungen Vorschub oder unterhöhle grundlegende Menschenrechte. Sind diese Vorwürfe aber gerechtfertigt? Ist Singers Position tatsächlich eine hoffnungslos unethische?" Die Art der Ankündigung und die Tatsache, daß die für das Seminar verbindliche Literatur einzig und allein Peter Singers Hauptwerk 
'Praktische Ethik' ist, läßt in unseren Augen nur den Schluß zu, daß es sich hierbei um den Versuch handelt, die "Thesen" des Leiters des 'Institute of Human Bioethik' an der Monash-University in Melbourne, diskutierbar zu machen. Singer, "die Symbolfigur neuerlicher Euthanasie- Forderungen" (Ernst Klee), wurde, gerade durch den jahrelangen Protest zahlreicher Organisationen behinderter Menschen, zum bekanntesten Bioethiker und Vertreter einer neuerlichen bioethischen Offensive.
Singers Ethik legitimiert die Auslöschung ganzer Kollektive von Menschen, die von einer biologischen Norm abweichen. Er spricht missgebildeten Säuglingen ab,
Person zu sein, weil sie die Eigenschaften wie Rationalität, Autonomie und Selbstbewußtsein nicht hätten. "Sie zu töten kann daher nicht gleichgesetzt werden mit dem Töten normaler menschlicher Wesen... Angenommen eine Frau, die zwei Kinder geplant hat, hatein normales und bringt dann ein hämophiles (Hämophilie=Bluterkrankheit) zur Welt. Die Belastung, die dieses Kind bedeutet, mag zwarden Verzicht auf ein drittes Kind unvermeidlich machen; sollte aber das missgebildete Kind sterben, so würde sie noch ein Kind bekommen. Und es ist plausibel, anzunehmen, daß die Aussichten auf ein glückliches Leben für ein normales Kind besser wären als für ein hämophiles. Sofern der Tod eines Säuglings zur Geburt eines anderen Kindes mit besseren Aussichten auf ein glücklicheres Leben führt, dann ist die Gesamtsumme des Glücks größer, wenn der behinderte Säugling getötet wird". (Peter Singer in "Praktische Ethik")
Unsere Bereitschaft zu diskutieren hat da eine Grenze, wo wertes und unwertes Leben definiert werden. "Wer das Lebensrecht Behinderter in Frage stellt, ist potentiell auch ihr Mörder (Ernst Klee). Wir protestieren aufs Schärfste gegen den Versuch solch menschenverachtende Theorie unter dem Deckmantel einer scheinbar kritischen Auseinandersetzung an der TU Braunschweig  (und überall sonst) diskutierbar zu machen! Wir fordern daher die sofortige Absage des Singer-Seminars und eine öffentliche Erklärung des verantwortlichen Dozenten Wolfgang Buschlinger!
 

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