Forum Bioethik

Zur Biodiversitäts-Konvention (Convention on Biological Diversity, CBD)
und dem Begriff der Bioprospektierung

Bioprospektierung: Auf dem Weg zu einem neuen Nord-Süd-Verhältnis
Über die Biodiversitäts-Konvention (CBD)
(nach Gudrun Henne: Bioprospektierung; in Barben/ Abels:
Biotechnologie- Globalisierung- Demokratie, Berlin. 2000)

Als Bioprospektierung oder Bioprospektion - der Begriff ist rechtlich nicht
definiert - gilt allgemein die Erkundung „wilder“ genetischer Ressourcen, d.h. die Suche von Material, das sich in In-situ-Bedingungen befindet, aber nicht kultiviert wurde. Auch die Sammlung von „on-farm“ befindlichen genetischen Ressourcen, also landwirtschaftlich kultivierten oder gezüchteten Ressourcen, wird zum Teil als Bioprospektion bezeichnet.

Mit den Fortschritten in der Biotechnologie ist Bioprospektierung zu einem wichtigen Feld von Forschung und Entwicklung (FuE) geworden und mit dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) zu einem neuen Gegenstand völkerrechtlicher Normierung und politisch-rechtlicher Gestaltung.

Die Biodiversitätskonvention wurde 1992 verabschiedet und ist inzwischen für 176 Staaten und die EU verpflichtend (Ratifikationsliste 2000). Als größere Flächenstaaten fehlen nur die USA, Thailand und Saudi-Arabien.
In diesem Völkerrechtsdokument geht es darum, die Frage der genetischen Ressourcen zu regeln, d.h. es regelt die Abgabe genetischen Materials aus einem „Ursprungsland der genetischen Ressourcen“ , das diese genetischen Ressourcen in situ besitzt, in ein Nutzerland, das sie nicht besitzt.

Die internationalen Regelungen, die bisher aber nur von wenigen Nationalstaaten praktiziert werden, sehen vor, daß die Herkunftsländer auch an den Gewinnen bzw. Vorteilen, die aus dem Genmaterial durch Forschung und wirtschaftliche Nutzung kommen, beteiligt werden.

Auch der - in seiner inhaltlichen Ausgestaltung umstrittene - Rechtsschutz traditionellen Wissens wird in der Konvention geregelt, d.h. durch Nutzenbeteiligung soll traditionelles Wissen über genetische Ressourcen bzw. biologische Vielfalt geschützt und belohnt werden.

Das ist alles nicht einfach, denn manchmal kennen das Wissen nur einzelne Gruppen von Ureinwohnern, manchmal ist das Wissen auf dem ganzen Kontinent bekannt.

Nutzer solcher genetischer und biochemischer Ressourcen sind z.B.:
-  Pharma-, Agrar-, Biotechnologieunternehmen
- „Life Science“- Konzerne
-  Forschungsinstitutionen, Universitäten
-  Ex-Situ-Einrichtungen wie botanische Gärten, landwirtschaftliche Genbanken, Kultursammlungen von Mikroorganismen 

Sie alle gewinnen genetische Ressourcen aus In-Situ-Bedingungen oder sie erwerben sie von Prospektierern. Wollen sie dem Vorwurf entgehen, wenn sie trotz fehlender Regelungen in den Herkunfts- und Nutzerländern zwar zunächst nicht rechtlich, so doch moralisch zu einer Vorteilsbeteiligung verpflichtet sind, müssen sie Bioprospektierungsverträge abschließen.

Die Rechte des geistigen Eigentums sind letztlich eine Quelle grundsätzlicher Auseinandersetzungen. Hier gab es Auseinandersetzungen mit den USA - die dann 1992 auf dem Erdgipfel in Rio die Konvention nicht zeichneten (weil sie „threatened to retard biotechnology and undermine the protection of ideas“). Die USA hatten sie als erste 1988 gefordert.

Prospektionen in biodiversitätsreichen Gebieten der Erde nehmen zu. Im Jahr 
1998 hat z.B. der Pharma-Konzern Bayer auch ein Naturstoff- Institut dafür gegründet.

Unter eigentlichen Bioprospektierungsverträgen werden nun üblicherweise Verträge über die Gewinnung von Ressourcen aus ihrem In-situ-Vorkommen verstanden, die über einen reinen Kaufvertrag hinausgehen und auch Regelungen über eine Vorteilsbeteiligung enthalten. Solche Verträge werden erst seit Inkrafttreten der CBD ausgehandelt. In der Praxis hat sich aber fast noch kein Land daran gehalten, d.h. es gibt kaum Nehmer- und Geberländer, die die vertraglichen Pflichten aus der CBD in nationales Recht umgesetzt haben.
Trotzdem nimmt die Zahl der Bioprospektionsverträge zu.

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